Kohle aus Kolumbien für Deutsche Kraftwerke
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Kohle aus Kolumbien für Deutsche Kraftwerke
SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 FEATURE ADERLASS IN DEN ANDEN. KOHLE AUS KOLUMBIEN FÜR DEUTSCHE KRAFTWERKE VON KAI LAUFEN 29.06.2011/// 22.05 Uhr Redaktion: Walter Filz Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. „Guten Abend... Autor Mannheim im Dezember 2010. Zwei Gewerkschafter aus Kolumbien sind zu Gast im Jugendkulturzentrum Forum „...die beiden sind gekommen, um uns heute über Kohleabbau in Kolumbien und wie es stattfindet, zu informieren.“ Autor Die Menschenrechtsorganisation FIAN hat die beiden nach Deutschland eingeladen. FIAN, das Food First Informations- und Aktions-Netzwerk, ist die Internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung und in 18 Ländern auf allen fünf Kontinenten vertreten. Autor Die Mannheimer Umweltaktivistin Ursula Risch führt in den Abend ein. Seit Jahren und besonders seit sie in Rente ist - kämpft sie gegen die Erweiterung des GKM, des Großkraftwerks Mannheim. (Ursula Risch) „Ich bin seit vielen Jahren in der Umweltpolitik aktiv, es fing schon in sehr früher Jugend an, Kampf dem Atomtod, und als dann aktuell Block 9 in Mannheim gebaut werden sollte, ein neuer Block zum Großkraftwerk, da war ich dabei als der Gemeinderat seine Zustimmung gegeben hat und am gleichen Abend haben wir eine Bürgerinitiative gegründet „Nein zu Block 9“ und da war ich dann von Anfang an mit dabei und wir haben versucht den Block 9 zu verhindern und sind auch immer noch dabei.“ „Es ist so, dass ich auch Vertreter des GKM eingeladen habe...“ Autor Das Großkraftwerk Mannheim baut eine mächtige Erweiterung, den Block Neun. Bei den Anhörungen dazu wurde bekannt, dass in dem Kraftwerk auch Steinkohle aus Kolumbien verheizt wird. So wie in den Kraftwerken aller großer Versorger, von RWE über E.ON, Evonik, Vattenfall bis zur EnBW, die rund 30 Prozent ihrer Kohle aus dem südamerikanischen Land bezieht und auch am Großkraftwerk Mannheim beteiligt ist. SPRECHER 1 Kolumbien ist in wenigen Jahren zum fünftgrößten Kohleexporteur der Welt aufgestiegen. Da Deutschland selbst immer weniger Kohle fördert, importieren die hiesigen Stahlhütten und vor allem die Energieversorger immer mehr Koks- und Steinkohle – aus Russland, Südafrika, Kanada, Australien, den USA und auch aus Kolumbien. Die dortige Regierung hat in den vergangenen zehn Jahren unter dem wirtschafts-liberalen Präsidenten Álvaro Uribe voll auf den Ausbau des Bergbaus gesetzt. Uribes Amtsnachfolger Juan Manuel Santos will Kolumbien weiter zum weltweiten Rohstofflieferanten ausbauen. Ob Gold, Silber, Platin, Kupfer, Molybdän oder eben Steinkohle: In den kommenden acht Jahren sollen die Fördermengen verdoppelt werden, so sieht es der Regierungsplan „Visión 2019“ (Vision 2019) vor. Autor Kohle aus Kolumbien – allein der Name des südamerikanischen Landes weckt bei den meisten fast nur negative Assoziationen, ist doch unser Bild von Kolumbien durch Berichte über Drogenkartelle und Gewaltexzesse geprägt. Dazu scheint zu passen, was der kolumbianischen Gewerkschafter Alfredo Tovar im Mannheimer Jugendzentrum den Kraftwerksgegnern berichtet: (Alfredo Tovar) „Estos tres compa~neros que ven aquí en los cuadros son ex-trabajadores de Drummond también. Fuero dirigentes sindicales y fueron asesinados por grupos paramilitares que existen en Colombia, por denunciar todo el problema que vivimos los trabajadores de salud, seguridad industrial y mala alimentación. (Sebastian Rötters) Hier im Hintergrund sehen sie drei ehemalige Mitarbeiter von Drummond. Das sind Gewerkschaftsmitglieder, Gewerkschaftsvorsitzende gewesen, die ermordet worden sind in Kolumbien, durch paramilitärischem Gruppen, die dort aktiv sind, Die wurden ermordet, weil sie immer wieder auf die schlechte Gesundheitsversorgung der Arbeiter aufmerksam gemacht haben, weil sie auf die fehlende Arbeitssicherheit hingewiesen haben und auf die nichtbeachteten Arbeitnehmerrechte.“ Autor Kein Zweifel: Kolumbien hat eine blutige Vergangenheit, die noch lange nicht bewältigt und aufgearbeitet ist. Über Jahrzehnte sorgten vor allem die Gewaltaktionen verschiedener Guerillagruppen und der Drogenkartelle im Land selbst wie auch im Ausland für Schlagzeilen. Seit den achtziger Jahren stellte die Oligarchie, teils vom Staat unterstützt oder gedeckt, eigene, paramilitärische Verbände auf. Mit welcher Grausamkeit und Effizienz sie gegen echte und vermeintliche Guerilleros vorgingen und welche Ziele sie dabei verfolgten, ist erst in den vergangenen Jahren und auch nur teilweise ans Licht gekommen. Schwer zu durchschauen ist auch die Rolle des staatlichen Militärs und letztlich der Politiker in den Provinzen und in der Landeshauptstadt Bogotá: Etliche Abgeordnete, Provinzgouverneure und Bürgermeister sind in Interessenskonflikte verstrickt, die mit Erpressungen und direkter Gewaltanwendung einhergehen. Natürlich wird diese Gewaltspirale durch die Milliarden US-Dollar angeheizt, die der Export von Kokain ins Land bringen – aber nicht nur: Längst sind vergleichbare Kämpfe um ertragreiche Anbauflächen, etwa für Ölpalmen entbrannt. Und auch um Erze, Mineralien und Kohle. Ich würde es auf gar keinen Fall Bürgerkrieg nennen, Bürgerkrieg ist ein innerstaatlicher Krieg. Autor Der Konfliktexperte Bertram Doll, der seit vier Jahren für den Evangelischen Entwicklungsdienst in Kolumbien arbeitet, korrigiert das immer noch gängige Bild, in Kolumbien tobe ein Bürgerkrieg: Erst Mal dazu einen Kommentar, für mich ist der Konflikt in Kolumbien nicht innerstaatlich, sondern da gibt es einfach internationale Interessen, z. B. an den Rohstoffen in Kolumbien, die sehr konfliktverschärfend sind. Diese internationalen Interessen, die Länder, die Firmen, die daran Interesse haben, die schließen sich oftmals mit der Oligarchie in Kolumbien zusammen und auf der Seite aktuell auch mit den Paramillitärs oder indirekt könnte man auch sagen der Regierung und dem Militär, dem sogenannten offiziellen Militär, es ist nicht verwunderlich, dass da wo Rohstoffvorkommen sind auch massiv Militär stationiert sind und das ist ganz deutlich zu sehen. Autor „Der Fluch der Kohle“ titelt im Oktober 2010 titelte die Süddeutsche Zeitung und berichtet von 73 verschütteten Bergleuten in der Region Antioquia, die Opfer des mangelnden Arbeitsschutzes wurden. 10.000 Bauern seien im Zusammenhang mit Kohle ermordet, weitere 130.000 zwangsumgesiedelt worden, zitiert die Süddeutsche eine einheimische Nicht-Regierungsorganisation. Aber ein Leser widerspricht heftig: SPRECHER 1 „Mit Verlaub, das sind starke Aussagen - die mit der Wirklichkeit des Kohleexports aus Kolumbien allerdings nicht viel zu tun haben. Der größte Teil der nach Deutschland exportierten Steinkohle stammt nicht, wie der Artikel glauben machen will, aus fragwürdigen Minen mit haarsträubenden Förderbedingungen, sondern aus dem riesigen Tagebau El Cerrejón auf der Halbinsel Guajira im Nordosten Kolumbiens...“ Autor „El Cerrejón“ ist ein Gebiet im Norden Kolumbiens. Die Bergbaukonzessionen umfassen 690 Quadratkilometer, was etwa der Fläche eines Dreiecks zwischen Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe entspricht. Aus „El Cerrejón“ stammt ein Teil der Kohle, mit der sich deutsche Energieversorger in Kolumbien eindecken. Autor Die Transnationalen Unternehmen schaffen in Kolumbien tausende qualifizierte Arbeitsplätze, zahlen Steuern und Abgaben. Die Kohle aus Kolumbien kostet die deutschen Abnehmer dennoch nur einen Bruchteil dessen, was sie für deutsche Kohle zahlen mussten, deren Förderung aber 2018 endgültig ausläuft. Aber: Lassen sich der Braunkohleabbau im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland und der Steinkohletagebau im Konfliktstaat Kolumbien überhaupt vergleichen? Kann ein Staat, in dem soziale Konflikte seit Jahrzehnten gewalttätig ausgetragen werden einen derart großen Eingriff in Natur und Gesellschaft überhaupt umweltgerecht und sozialverträglich gestalten? Andererseits: Sind es wirklich „El Cerrejón“ und die zwei, drei anderen Minen, bei denen deutsche Stromversorger einkaufen, die für die hohen Zahlen von Arbeitsunfällen und vertriebenen Bauern verantwortlich sind? Und: Was wissen die deutschen Stromversorger über die Zustände in den Bergbauregionen Kolumbiens? Die drastischen Schilderungen, die die beiden Kolumbianer während ihrer Informationsabende in Mannheim, Freiburg, Tübingen, Aachen, Fulda, Berlin, Stade, Hamburg und Frankfurt wiederholen, schlagen sich in etlichen Zeitungsberichten nieder. Die Verwaltung des Großkraftwerks Mannheim reagiert: Man nehme die Vorwürfe ernst und prüfe sie, sagt Firmensprecher Thomas Schmidt dem „Mannheimer Morgen“. Auf SWR-Anfrage will er kein Interview geben, antwortet aber per Email: SPRECHER 1 „Unser Unternehmen verwendet grundsätzlich nur „saubere“ Kohle. Es ist uns sehr wichtig, dass die Kohle, die wir beziehen und einsetzen aus Abbaugebieten stammt, in denen die Menschenrechte, Standards zur Gesundheit und Arbeitssicherheit sowie geltende Umweltschutzvorschriften eingehalten werden. Selbstverständlich nehmen wir die Nachrichten zu den kolumbianischen Kohleminen sehr ernst. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und legen größten Wert darauf, dass die Gewinnung der Steinkohle unter angemessenen ökologischen und sozialen Standards erfolgt. Alle unsere Vertragspartner und deren Vorlieferanten sind verpflichtet, die strengen GKM-Richtlinien zu erfüllen. Autor Am Großkraftwerk Mannheim beteiligt ist auch die EnBW, die selber gerade im Karlsruher Rheinhafen ein neues Kohlekraftwerk baut. Insgesamt habe man im vergangenen Jahr etwa 1 Million Tonnen Steinkohle aus Kolumbien bezogen, bestätigt EnBW-Sprecher Dirk Ommeln. Zur Lage vor Ort könne er aber nichts sagen: Wir haben keine direkte Geschäftsbeziehungen, Lieferbeziehungen. Wir beziehen unsere Kohle über Händler, durch die Bank renommierte Unternehmen in Europa, aktiennotierte Unternehmen. Ich glaube, dass die Vorwürfe bezogen auf diese Händler nicht nachzuvollziehen sind. (Nachfrage KL) Nennen sie mir die Händler......... wie sie das prüfen? Also ich glaube aus Vertragsbeziehungen, das ist durchaus üblich und das ist auch ‚ne Frage von Verantwortlichkeit und Verantwortung gegenüber seinen Geschäftspartnern, da nennen wir keine Details. Autor Die Namen der Händler nennt Dirk Ommeln nicht und so ist schwer zu überprüfen, welchen Kenntnisstand die EnBW über die Lage in Kolumbien hat. Man verlässt sich auf Zertifikate: Also unser Geschäftspartner ist ein – oder sind Handelsunternehmen. Wir haben einen klar definierten Geschäftsprüfungsablauf, das heißt Geschäftspartnerprüfung, diese Prüfung beinhaltet unter anderem auch die Kriterien wie Einhaltung von Standards bezüglich Umweltverhalten, bezüglich sozialer Verantwortung, Gesundheit, Sicherheit der jeweiligen Mitarbeiter, schlichtweg Kriterien wie im UN-Global Compact auch hinterlegt sind. Hier, das ist uns wichtig und das sind die Kriterien, wo wir auch die Geschäftspartner danach aussuchen, wie gesagt – Händler. Autor „Global Compact“ ist ein weltweites Abkommen zwischen Unternehmen und den Vereinten Nationen, das helfen soll, die Globalisierung sozial und umweltverträglich zu gestalten. Auch die Minengesellschaft „El Cerrejón“ hat sich dem Abkommen angeschlossen. Eine Überprüfung des Global Compact durch die Vereinten Nationen selbst fiel allerdings Ende vergangenen Jahres sehr selbstkritisch aus: SPRECHER 1 Das Fehlen eines klaren und artikulierten Mandats hat zu verzerrten Schwerpunktsetzungen und Ergebnissen geführt. Das Fehlen angemessener Aufnahmekriterien und einer wirksamen Kontrolle der tatsächlichen Umsetzung der Grundsätze hat einige Kritik und Reputationsrisiken für die Organisation nach sich gezogen. Und der Aufbau der Organisation hat gegen bestehende Vorschriften und Verfahren verstoßen. Zehn Jahre nach seiner Gründung sind die Ergebnisse durchwachsen und es bestehen Risiken. Autor Anders als die EnBW will das Großkraftwerk Mannheim derzeit kein Interview zum Thema geben, schreibt Unternehmenssprecher Thomas Schmidt in einer Stellungnahme per Mail – denn: SPRECHER 1 „Darüber hinaus werden GKM-Vertreter 2011 in Zusammenarbeit mit einem neutralen externen Unternehmen ein Audit vor Ort in der Mine „El Cerrejón“ in Kolumbien durchführen. Im Rahmen dieses Audits werden die GKM-Vertreter mit den verantwortlichen Minenbetreibern, den Arbeitern, den Gewerkschaftsvertretern und Anwohnern sprechen und sich persönlich davon überzeugen, dass alle Kriterien in Bezug auf Menschenrechte, Sozial- und Umweltschutzstandards eingehalten werden. (Ende Statement) Autor Die Formulierung ist unglücklich, denn sie klingt, als stünde das Ergebnis des AuditBesuchs schon vorher fest. Auch wenn es wohl so nicht gemeint ist: Umwelt- und Menschenrechtsaktivist Sebastian Rötters: (Sebastian Rötters) Das möchte ich mal illustrieren wie sowas in der Praxis aussieht und das ist das Heft, das E.ON-Magazin zur gesellschaftlichen Verantwortung. Und in diesem Heft, da geht’s auch richtig um Kohle und da steht drauf, gibt’s auch eine saubere Lösung und da ist auf Seite 13, ist dann aufgeführt, der erste Schritt zum Kohletageabbau mit Verantwortung mit einem Bild von Cerrejón usw. und so fort und das steht dann ganz viel, dass sie ja ganz viel vor Ort waren, dass da alles wunderbar läuft, wie es da ist und dass E.ON eben selbst vor Ort war und sich erkundigt hat. (O-Ton Flughafen Bogotá) Buenos Dias y gracias por esprerar...Avianca les da la Bienvenida ...vuelo a Valledupar. Autor Von Kolumbiens Hauptstadt Bogotá geht der Flug rund 600 Kilometer nach Norden, nach Valledupar, in das Zentrum der Vallenato-Kultur. Von 2.600 Metern Höhe hinunter auf 170 Meter. Hier im ausgedehnten flachen karibischen Hinterland hat das Amalgam aus indianischen Urvölkern, europäischen Siedlern und Nachfahren afrikanischer Sklaven eine eigenständige Kultur herausgebildet, die sich in vielem von der andinen Lebensweise rund um Bogotá unterscheidet. Autor Rund 100 Kilometer südlich von Valledupar. Hier liegt das zweitgrößte aktive Kohlerevier des Landes. Rund um die Kleinstadt La Jagua del Ibirico haben sich einheimische, brasilianische und US-amerikanische Unternehmen angesiedelt sowie die schweizerische Firma Glencore. Die Natur ist üppig, viele kleine Flüsse sprudeln von der nahegelegenen Sierra de Perijá in die fruchtbare Ebene, die voller Palmöplantagen steht. Auch ein Exportprodukt für das energiehungrige Europa. La Jagua del Ibirico ist schon lange ein begehrter und auch umkämpfter Ort Autor erzählt der Hobby-Historiker José Gregorio Aguilar Aqui lo que se dió fue mucha muerte selectiva...entraron, tumbaron las puertas. Que amanecian tres, cuatro cinco muertos, eso era normal... hasta el 2008. SPRECHER 4 Hier gab es viele Auftragsmorde. Die Paramilitärs traten die Haustüren ein, sie wussten genau, wer gerade zu Hause war, dann zerrten sie die Leute raus und brachten sie um. Zuerst nachts, später auch tagsüber. Jeden Morgen gab es drei, vier, fünf Leichen. Es sind bestimmt um die 700 Menschen umgebracht worden, aber niemand hat genaue Zahlen. Das ging bis 2008 so. Autor La Jagua del Ibirico erwacht gerade erst aus diesem Jahrzehnte währenden Alptraum. Mit dem Kohleabbau begannen einheimische Kleinunternehmer hier in den siebziger Jahren. Inzwischen haben das schweizerische Unternehmen Glencore und der US-amerikanische Familienbetrieb Drummond die meisten Konzessionengekauft. Von den deutschen Stromversorgern bezieht unter anderem die EnBW aus diesen Minen Kohle. ...levarlos a Boquerón. Boquerón es un corregimiento que va a ser reubicado. Es una poblacion de afrodescendentes SPRECHER 4 Ich will euch nach Boquerón mitnehmen. Boquerón ist ein kleines Dorf, das umgesiedelt werden wird. Autor Unterwegs mit William Orozco. Er will Bürgermeister von La Jagua werden. Der AfroKolumbianer hat ein Berufsleben in den Minen hinter sich und sucht nun die Unterstützung der Armen: Va a ser reubicado porque la misma explotación minera lo exige. Pero estamos en la pelea porque ellos quieren solamente sacarlos y sólo les quieren dar una peque~na indemnización y sacarlos así. Y nosotros estamos reclamando algo más allá de lo que ellos pretenden, incluso que hay que recuperar la parte de los ancestros y que se deben organizar en una comunidad porque ya ellos tienen sus costumbres, tienen su cultura y que esa cultura no debe desaparecer. SPRECHER 4 Die Einwohner von Boquerón sind afrikanischer Herkunft. Das Dorf wird umgesiedelt, damit darunter Kohle abgebaut werden kann. Aber wir streiten uns mit den Bergbaugesellschaften, denn sie wollen sie einfach von ihrem Land runterkriegen und mit einer kleinen Abfindung entschädigen. Aber wir fordern mehr, zum Beispiel, dass der alte Friedhof umgelagert wird und dass die Menschen an einen würdigen Ort kommen, an dem sie nach ihren Gebräuchen und nach ihrer Kultur leben können, damit diese Kultur nicht ausgelöscht wird. Autor Ankunft in Boquerón. In dem staubigen Weiler fällt uns eine Bauruine auf. Schilder weisen sie als neue Krankenstation aus, finanziert von Abgaben des Bergbaus. Fertig geworden ist sie offenbar nie. Ein paar magere Hühner laufen herum, am Ende der Straße halten die Dorfbewohner gerade eine Versammlung ab, die William Orozco spontan für eine kleine Wahlkampfansprache nutzt. Autor Er erklärt den Leuten ihre Rechte, dass sie Afro-Kolumbianer seien und dass die Verfassung sie daher unter besonderen Schutz stelle, so wie die Ureinwohner. Dass sie ein Recht auf Information haben und dass sie nur dann über ihre Umsiedlung abstimmen sollen, wenn sie sich gut informiert fühlen. Nach zehn Minuten übergibt er das Wort an einige Frauen, die kopfnickend zugehört haben und nun von den Gesundheitsproblemen durch den Bergbau berichten: De problemas de salud, pues, si hay muchos ni~nos que sufren de asthma, cada rato lo llevan al hospital porque están apretado, La tensión, los de la tercera edad también tienen problemas de tensión. Todo esto se está dando aquí en el correginmiento de Boquerón a causa de la contaminación de las minas...por la carbonilla, porque van pasando las mulas, estamos rodeados de eso. Los arboles amanecen los la hojas monas de la carbonilla, los focos de las luces también amanecen con eso. SPRECHERIN: Wir haben viele Kinder, die unter Asthma leiden, die müssen immer wieder ins Krankenhaus gebracht werden, weil sie Krämpfe haben. Und die Älteren leiden unter Bluthochdruck, alles wegen der Luftverschmutzung durch den Tagebergbau, weil hier dauernd die schweren Lastwagen vorbeifahren und aus den Minen auch Staub kommt, die Blätter der Bäume sind hellbraun voller Staub, so wie die Scheiben vor den Lampen. Autor Für die Landwirtschaft ist den ehemaligen Bauern kein Platz mehr geblieben. Die Abraumhalden der Minen haben das Land unter sich begraben. Und jeden Tag werden in der Nachbarschaft mit Tonnen von Dynamit neue Gesteinsschichten aufgebrochen. Esta situación nosotros la sentimos bastante y las casa se rajan, los pisos se desmigajan, todo eso se debe a las explosiones en esas minas. SPRECHERIN: Das spüren wir hier ganz heftig und unsere Häuser bekommen Risse, die Wände sind voller Risse, die Böden haben Löcher und Kanten, alles weil in den Minen immer gesprengt wird. Autor Boquerón könnte ärmlicher kaum sein. Da die Bewohner afrikanische Wurzeln haben, erinnert der Anblick auch tatsächlich an ärmste Krale in Schwarzafrika. Dabei werden gleich nebenan Schätze aus dem Boden gebaggert. Eigentlich hätte Glencore versprochen, den Anwohnern Arbeit in der Mine zu geben, aus jeder Familie einem, klagt eine Frau, die ihren Namen lieber nicht nennen will: Bueno no, hasta hoy hay un personal trabajando en la empresa, pero debería haber más del cincuenta por ciento que no lo hay. Hace rato estamos detrás de eso de que hubiera más de ciencuenta por ciento en la empresa trabajando y no lo hay. Ni a unas o otras personas, porque no están capacitados y no les dan la oportunidad de capacitarse y otros que están capacitados no le dan la oportunidad de trabajar. SPRECHERIN: Bis heute arbeitet praktisch niemand von hier in der Firma. Es müssten eigentlich mehr als die Hälfte von uns sein, aber davon sind wir weit entfernt. Wir sind da seit langem hinterher, aber es tut sich nichts. Keinem geben sie Arbeit, weil wir nicht qualifiziert sind, aber sie bilden uns auch nicht aus. Und denen, die qualifiziert sind, geben sie auch keine Arbeit. Autor Während sich die Leute über die neuesten Gerüchte über die Korruption im Rathaus aufregen, heizt sich die Stimmung auf. Ein Mann mit wenig Zähnen macht sich seinen eigenen Reim auf die korrupten Politiker und die Ausbeuter der Firmen... Eso no le importa al ministerio, de que nos tiren la tierra encima. A el ya no le importa el pueblo, sino la plata que les da la mina. ... y es la verdad! ... estamos en medio de cuatro minas, el pueblo más pobre que teneoms, sin empleo, sin ayuda de nadie! SPRECHER 4: Dem Ministerium ist es egal, wenn sie uns lebendig begraben. Das Volk interessiert sie nicht, nur das Geld aus den Minen. Wir leben umgeben von vier Minen in der größten Armut! Seit Jahren wird in unserem Dorf überhaupt nichts mehr investiert, nichts wird repariert, die Straßen sind eine Katastrophe, weil man uns längst umsiedeln wollte, aber sie tun es nicht und lassen uns einfach im Stich! Autor Solche Entwicklungen sind oft Ursache für unfreiwillige Wanderbewegungen der Bevölkerung. Zwangsmigration wird nicht immer durch direkte Gewalt ausgelöst, die Mechanismen sind subtiler, das Ergebnis ähnlich. Ganze Ortschaften machen sich buchstäblich aus dem Staub und siedeln sich anderswo an, was Konflikte mit Grundbesitzern, Nachbarn und Behörden nach sich zieht. Autor Zurück in La Jagua del Ibirico. Die Kohleförderung um den Ort wächst sprunghaft: Allein die Glencore-Mine „Carbones de la Jagua“ soll ihre Produktion in den letzten vier Jahren auf jetzt 10 Millionen Tonnen pro Jahr verdreifacht haben, versichert Ricardo Machado. Er arbeitet bei Glencore als Schweißer. Machado steht einer Sektion der Gewerkschaft Sintraminenergética vor. Zwei seiner Genossen wurden vor zehn Jahren von einem Paramilitär mit dem Kampfnamen „Tolemaida“ ermordet. Evidentemente en Colombia desde hace mucho tiempo ha habido una campa~na de exterminio en contra la organización sindical y las cifras hablan por si sólo. Sin embargo, aparentemente todo el mundo podría decir que la situación ha cambiado, pero lo que se ha cambiado es la estratégia: Ya no se mata directamente a los prsesidentes de los sindicatos ni a las personas que se organizan como sindicalistas, sino que ahora se les cierran las puertas de llevarlos a un punto tal que las empresas no permiten que los trabajadores se afilien a las organizaciones sindicales y asi van exterminando a la organizacion sindical. Ya no tanto con la bala, pero si hay muchos trabajadores y muchos sindicalistas amenazados, las personas que se afilian a un sindicato son despedidos, no le dan trabajo en ninguna otra empresa y los apartan de tal manera, como si fuera un delito. SPRECHER 3 Es ist offensichtlich, dass es in Kolumbien seit langem eine Vernichtungskampagne gegen die Gewerkschaften gibt, die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Heute allerdings könnte man meinen, dass sich die Dinge geändert haben. Aber was sich geändert hat, ist die Strategie: Man bringt die Gewerkschafter und ihre Anführer nicht mehr um, sondern schließt sie aus. Die Unternehmen tun alles, um keine gewerkschaftliche Organisation zuzulassen. Die Arbeiterorganisationen werden nicht mehr mit Kugeln bekämpft, aber dennoch gibt es viele Gewerkschafter im Land, die bedroht werden. Organisierte Arbeiter werden entlassen und bekommen auch anderswo keine Anstellung mehr, als ob es ein Verbrechen wäre, in der Gewerkschaft zu sein. Autor Ricardo Machado erzählt von der Praxis seines Arbeitgebers: Nur noch ein Drittel der Arbeiter in den Minen habe direkte Arbeitsverträge mit Glencore, die Mehrzahl sei über Zeit- und Leiharbeitsfirmen angeheuert, die wesentlich schlechtere Löhne zahlten und meistens keine gewerkschaftliche Organisation zuließen. Während die festangestellten Arbeiter laut Branchentarifvertrag umgerechnet knapp 800 Euro brutto verdienen, bewegen sich die Einkommen der Leiharbeiter zwischen 500 Euro und dem Mindesteinkommen von 233 Euro. Autor Während Drummond auf eine Interviewanfrage nicht reagiert hat, dementierte die Firmenzentrale von Glencore die meisten Vorwürfe: Man beschäftige 86 Prozent der Arbeiter mit Direktverträgen. Das Outsourcing von Kantinendiensten und ähnlichem sei weltweit gängige Praxis. Man verwende hauptsächlich Regenwasser in der Mine, nicht Flußwasser. Und: 92 Prozent der Mitarbeiter kämen aus den Provinzen, in denen Glencore arbeitet. Meinungen und Einschätzungen, die extrem weit auseinandergehen: Das ist das typische Bild in Kolumbien. Eine staatliche Kontrolle findet kaum statt. Das Bergbauinstituts Ingeominas ist inkompetent und korrupt, räumte zuletzt sogar der zuständige Minister ein. Und gegen den Gewerkschafter Antonio Machado wird plötzlich wegen angeblicher Unruhestiftung ermittelt... Autor Ortswechsel. Drei Stunden Autofahrt nach Norden sind es zur Mine von „El Cerrejón“, der dritten Quelle für deutsche Stromerzeuger. Die Landschaft wird karger, fast wüstenartig. In den Ortschaften an der Straße bieten Benzinschmuggler an improvisierten Tankstellen ihre Ware an, die sie in PKWs und Kleinlastern aus dem nahen Venezuela herankarren. - Immer wieder Militärkontrollen und kleine Schützenpanzer am Straßenrand. In den Bergen, heißt es, patrouilliere die FARC- Guerilla. Paramilitärische Verbände sollen nach ihrer Auflösung unter Präsident Uribe derzeit wieder neue Strukturen aufbauen. Nicht nur unter den 30.000 ehemaligen Angehörigen der Paramilitärs herrscht auch ohne politische Motive ein großes kriminelles Gewaltpotenzial. Auch die FARC, die „Bewaffneten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ haben hier einen Operationsraum. Ab und zu legen sie eine Bombe unter die Eisenbahnlinie, mit der die Kohle von „El Cerrejón“ zum Karibikhafen Puerto Bolivar transportiert wird. Aber die Attacken wirken hilflos, unter Präsident Uribe ist die FARC durch ein massiven Armeeaufgebot aus der Fläche verdrängt worden. Konfliktexperte Bertram Doll, der seit vier Jahren in Kolumbien lebt: In diesem Rohstoffkrieg - und das ist völlig klar - da dient eigentlich das Bild, dass es in Kolumbien einen sogenannten Bürgerkrieg zwischen Guerilla, zwischen dem Paramilitär, zwischen dem staatlichen Militär gibt, gerade dazu um zu sagen, jetzt gehen wir mit dem Militär in die Region rein, um den Aufstand zu bekämpfen, aber gleichzeitig geht es eigentlich darum, um das ganze Territorium, also das ganze Land zu sichern und auch zugänglich zu machen für internationale Investoren und dadurch entstehen wieder neue Konflikte. Autor Puerto Bolívar ist der größte Hafen Kolumbiens und er ist, wie auch die Mine „El Cerrejón“ selbst, im Besitz der drei multinationalen Bergbauunternehmen Anglo American, Xstrata und PHP Billiton. Das Stammesgebiet der Wayuu. Weiträumig hatten sie früher die Region Guajira mit losen Siedlungen überzogen. Jahrzehntelange Auseinandersetzungen mit Bauern, die sich immer weiter in die Stammesgebiete fast aller indianischen Völker ausbreiteten, haben auch den Wayuu einen Anpassungsprozess aufgezwungen. Die meisten sind äußerlich kaum von ärmeren Durchschnittskolumbianern zu unterscheiden. Aus dem selben Dorf wie Nilson Ramirez, der in dem Mannheimer Jugendzentrum von den Konflikten in seiner Heimat berichtet hatte, stammt Jairo Epiayu. Er fährt mit uns nach. Die ungeteerte Staubstraße führt an abgesperrten Minengeländen vorbei, mitten ins Herz des riesigen Abbaugebietes: Bueno, el estilo ya de mi abuelo...la circulación era amplia, nosotros circulabamos casi toda la Guajira. Realmente y dentro del contexto de nuestros proyectos productivos, de siembra, eran cinco mil hectáreas que nosotros circulabamos y ahora estamos en apenas diez hectareas...en la hora que salimos de la comunidad, tenemos que salir al municipio a comprar la verdura y la carne. Anteriormente la vendiamos nosotros. Y ahora es el contrario. SPRECHER 5 Mein Großvater hat noch in Zeiten gelebt, da bewegten sich die Menschen hier in weiten Räumen, fast über die ganze Guajira verteilt. Man bewirtschaftete Flächen, die über 5.000 Hektar verteilt lagen. heute hat eine Familie meist nur 10 Hektar Platz. Wir bewegen uns nur noch, wenn wir zur Schule oder in die Stadt zum Einkaufen gehen. Früher haben wir Gemüse und Fleisch selbst erzeugt, heute kaufen wir es nur noch.“ Autor Die Zeiten, von denen Jairo Epiayu spricht, hat er selbst schon nicht mehr erlebt. Die Vertreibung der Indianer begann mit der Ausbreitung der extensiven Land- und Viehwirtschaft. Heute sind es die umliegenden Kohleminen – nicht nur „El Cerrejón“, auch kleinere, kolumbianische Unternehmen – die den Wayuu den letzten Rest Selbstbestimmung streitig machen und sie endgültig zu einer Anpassung an die kolumbianische Version des westlichen Lebensstils zwingen: Está la comunidad de Tamaquitos, Roche, que se está aproximando que les están llevando uno en uno. Como están divididos los están llevando en uno y uno individual. Hay cinco familias ya ubicadas en el nuevo sitio, el resto está ahí, porque se está resistiendo por la propuesta de las indemnizaciones, los proyectos productivos. Entonces están ahí estancados porque no están de acuerdo con esas indemnizaciones, nos on las justas. Está Chancleta, Patillas que está en consulta provincial y Las Casitas, Barrancón, Campo Alegre y ahora si entra esta empresa nueva, llegaría hasta el Molina, a esa zona. SPRECHER 5 Da sind die Gemeinden Tamaquitos und Roche. Von dort holen sie sie fort. Da die Familien untereinander zerstritten sind, holen sie die Leute einzeln. Es sind schon fünf Familien am neuen Standort angesiedelt. Der Rest ist noch am alten Ort, denn sie widersetzen sich und wollen bessere Entschädigungen und Anbaufläche. In Chancleta sieht es ähnlich aus, in Patilla verhandelt gerade die Provinzregierung, es gibt die Orte Las Casitas, Barrancón, Campo Alegre und wenn jetzt diese neue Firma kommt, dann geht das bis El Molino so weiter. Autor Wie die neue Firma heißt, fällt Jairo Epiayu im Moment nicht ein, aber wer wollte in dem Gewirr von abgesperrten Bezirken und Privatstraßen noch den Überblick behalten. Immerhin: Die Guerilla und die Paramilitärs hätten die Gemeinden bisher in Ruhe gelassen, erzählt Jairo... ...sólamente la fuerza pública, el ejercito nacional. Y esos han hecho hostigamientos a las comunidades. La policía, el DAS, todo eso...presentamos varias denuncias porque me retuvieron varias personas, varios dias. Entonces querrían camuflarlos con prenda militar para pasarlos como guerilleros. Todo eso han intentado y son los mismos del Batalión Matamoros que le prestan seguridad al „Cerrejón“ SPRECHER 5 Aber die nationalen Streitkräfte, die Armee ist oft gekommen und hat versucht uns einzuschüchtern. Die Polizei und die Geheimpolizei auch. Ich hab merhmals Anzeige erstattet, weil Leute über Tage festgehalten wurden. Anscheinend wollten sie sie in Militärkleidung stecken und behaupten, sie seien Guerilleros. Sie haben schon alles versucht und das ist genau das Bataillon Matamoros, das auch die öffentliche Sicherheit für „El Cerrejón“ gewährleistet! Es sind schwere Anschuldigungen, aber tatsächlich hatten Armeeangehörige unter der Regierung Uribe rund 1.800 Zivilisten erschossen und behauptet, sie seien Guerilleros gewesen, die UNO sprach von einem „crímen de estado“, einem Staatsverbrechen. Uribes Verteidigungsminister war Juan Manuel Santos, der jetzige Präsident Kolumbiens. Er will von nichts gewusst haben. Und die geflüchtete frühere Chefin der Geheimpolizei DAS wird mittlerweile international gesucht. Autor „El Cerrejón“. Der Name heißt so viel wie der Große Berg, was etwas verwirrend ist, denn tatsächlich ist EL Cerrejón ein großes Loch, das größte Loch, dass die Menschheit weltweit gebuddelt hat, um an Steinkohle heranzukommen. Das Haupttor ist besser gesichert als die nahegelegene Staatsgrenze zu Venezuela. Das Sicherheitsvideo im Besucherzentrum macht nicht nur auf die Helmpflicht aufmerksam, es empfiehlt dem Besucher auch, genug Wasser zu trinken. „El Cerrejón“ liegt in einer flachen und heißen Region, die nach Norden von einer Wüste, nach Ost und Südwesten von Gebirgen eingerahmt wird. Autor Die Rundtour, zu der die Firma „El Cerrejón“ Journalisten oder auch Auditoren deutscher Energieversorgungsunternehmen einlädt, führt im klimatisierten Mini-Van zunächst an den Wohnvierteln für Ingenieure vorbei, eine Oase des Wohlstands mit Schulen, Krankenhaus, Freibädern. Dann geht es in die umgegrabene Landschaft. Versorgungsstraßen für normale Fahrzeuge kreuzen sich mit breiten Pisten, auf denen die gigantischen Spielzeuge der internationalen Bergbauindustrie verkehren: Kipplaster mit haushohen Reifen und einem Fassungsvermögen von mehr als 300 Tonnen. Das Loch ist überwältigend: fünf Kilometer lang und drei Kilometer breit erinnert es an den Grand Canyon, allerdings hat man sich hier erst 220 Meter tief gesprengt. Bagger schaufeln Kohle oder Erde zusammen, je nachdem auf welcher Geländestufe sie stehen. Am Horizont türmt sich ein kilometerlanger und rund hundert Meter hoher Berg mit Aushub auf. Das Erdreich wird nach der Kohleextraktion wieder in das verbliebene Loch geschüttet und begrünt. So will es das kolumbianische Gesetz und so will die Betreibergesellschaft „El Cerrejón“ den Umweltschaden zu begrenzen, erklärt Carlos Franco, der Unternehmensbeauftragte für Soziale Standards und Internationale Beziehungen: El „Estilo Cerrejón“ consiste primero en tener unos valores. Unos valores que son la trasparencia, la honestidad, el compromiso, es el respeto a la ley, el respeto a los trabajadores, es el respeto a las comunidades, la muestra de responsabilidad con todo nuestro entorno, tanto con el medio ambiente como con las comunidades, como con las autoridades, como con cumplir la ley...y lo segundo es una actitud: La actitud del „Estilo Cerrejón“ es decir: Nosotros no hacemos lo mínimo necesario sino lo máximo posible. SPRECHER 2: Der Stil von Cerrejón besteht zuerst mal darin, Werte zu haben: Werte wie Transparenz, Ehrlichkeit, Verbindlichkeit, der Respekt vor dem Gesetz, der Respekt vor den Arbeitern, der Respekt vor den örtlichen Gemeinden. Wir zeigen Verantwortung für unsere gesamte Umgebung, für die Umwelt, für die Gemeinden, für die Behörden. Und Zweitens besteht der Stil von Cerrejón in einer Haltung: Die Haltung von „El cerrejón“ ist: Wir machen nicht das mindestens Notwendige sondern das maximal Mögliche! Autor Nach Unternehmensangaben erhält die Provinz Guajira von allen Minenbetreibern im Jahr mehr als 200 Millionen US-Dollar an Abgaben. Aber man habe gemerkt, dass das Geld zu oft versickert. 2008 hat „El Cerrejon“ vier Stiftungen gegründet. Sie sollen die staatlichen Institutionen stärken und die Anwohner fördern. Man wolle kein Vakuum hinterlassen, wenn die Konzession 2034 ausläuft. Zu spät, zu wenig, kritisiert Sebastian Rötters von FIAN: Ich würde mal sagen, Cerrejón ist sicherlich aktiver als die Firmen in der Region Cesar als z. B. wie Drummond oder Glencore. Das liegt aber eben auch daran, dass Cerrejón viel mehr in der Kritik stand in den letzten Jahren , aber die grundsätzliche Frage ist, reicht es aus sich um die Menschen zu kümmern oder irgendetwas zu verbessern, wenn internationaler Druck da ist? Muss das nicht von vorneherein eigentlich die Voraussetzung sein, dass überhaupt Bergbau betrieben werden darf. Carlos Franco kennt die Kritiken von Umweltschützern und Menschenrechtlern in den USA und Europa sehr genau. Er entgegnet ihnen Punkt für Punkt mit einer Mischung aus Patriotismus und Fortschrittsglauben: Colombia tiene muchas fallas y tiene muchos defectos y tiene muchos crímenes que aqui han cometido. pero hay muchas cosas...por ejemplo: El tema de los sindicalistas asesinados. Qué país del mundo hace la cuenta cuantos sindicalistas mueren violentamente? Yo estoy seguro que si Brasil hiciera esta cuenta tendriamos no tantos muertos porqué aquí hay una cuestión automática: Ese sindicalista está muerto directamente entra en la lista – no, si fue muerto en razón de su entidad sindical. SPRECHER 2 Kolumbien hat viele Fehler und viele Unzulänglichkeiten und es sind hier viele Verbrechen begangen worden. Aber man muss alle Faktoren sehen. Zum Beispiel beim Thema der ermordeten Gewerkschafter: Welches Land der Welt macht die Rechnung auf, wie viele Gewerkschafter ermordet wurden? Ich bin sicher, wenn Brasilien diese Rechnung machen würde, würden wir hier besser dastehen, aber hier geht es automatisch so: Wenn ein Gewerkschafter getötet wird, kommt er auf diese Liste. Egal ob er in seiner Funktion als Gewerkschafter ermordet wurde oder nicht. Autor Der Kampf um die historische Wahrheit und ihre Interpretation zerreißt die kolumbianische Gesellschaft schon seit langem. Mag sein, dass nicht alle 51 aktiven Gewerkschafter, die laut Amnesty International im Jahr 2010 Opfer von Gewalttaten wurden, aus politischen Gründen getötet wurden. Mag sein, dass die Drogenkriminalität die meiste Gewalt hervorbringt. Aber Woche für Woche fördern Kolumbiens Medien und der Justizapparat neue Belege an den Tag, die zeigen, wie Großgrundbesitzer und Politiker mit Hilfe der Paramilitärs Menschen von ihrem Land vertrieben haben um es sich anzueignen. Wie einfache Bauern zu Guerilleros erklärt und von regulären Soldaten erschossen wurden, um ausgeschriebene Kopfprämien zu kassieren. Einer von ihnen ist ein Mann mit dem Kampfnamen „Tolemaida“. Der Anführer des paramilitärischen „Bloque Norte“ wurde vergangenes Jahr zu mehr als 30 Jahren Haft verurteilt. Er hat die Morde an den Drummond-Gewerkschaftsführern gestanden. Estos hechos que son muy graves, al parecer son hechos del pasado. Porqué después de eso, el sindicato de la Drummond ha tenido varias negociaciones con la empresa y estos temas no lo an puestos sobre el tapete. Pero son muy graves y estamos de acuerdo que deben esclarecerse, pero creo que estos hechos no son los predominantes en la actividad minera en Colombia. SPRECHER 2 Diese Vorfälle sind sehr schwerwiegend, aber anscheinend sind es Dinge der Vergangenheit. Denn seitdem hat die Gewerkschaft mit Drummond mehrere Verhandlungen geführt und dieses Thema ist dabei nie angesprochen worden. Aber es sind schwerwiegende Vorfälle und wir sind der Meinung, dass sie aufgeklärt werden müssen. Aber ich glaube, diese Vorfälle sind kein typisches Merkmal des Bergbaus in Kolumbien. Autor Wie gesagt, Carlos Franco spricht von seinem Arbeitgeber und von seinem Heimatland Kolumbien mit einer Mischung aus Patriotismus und Fortschrittsglauben. Und nicht alles, was im Bergbaugebiet Cerrejón seit dem ersten Spatenstich 1980 geschehen ist, kann dem heutigen Unternehmen angelastet werden, denn die ehemals teilstaatliche Mine wurde erst vor rund zehn Jahren vollprivatisiert. Welche Verhältnisse die Firma vorfand, wird deutlich, wenn Carlos Franco über die Ureinwohner der Guajira-Halbinsel spricht: En relación al tema indígena, Cerrejón ha partido – primero – de reconocer la existencia de pueblos indígenas en el área de influencia, que implica hasta el puerto. Segundo: De reconocer que puede ocasionar impactos negativos y se tiene que identificarlos y prevenirlos – porque no necesarioamente se dan. Y en tercer lugar: De entender que los indígenas tienen unas especifidades, unas particularidades y que además es de nuestra responsabilidad garantizar la preservación de su cultura. Y además facilitar que los indígenas sean beneficiarios de los logros de Cerrejón. SPRECHER 2: In Bezug auf die indianischen Ureinwohner ist El Cerrejón so vorgegangen, dass wir – erstens – die Existenz von indigenen Völkern in unserem Einflussgebiet bis zum Hafen anerkannt haben. Zweitens: Dass wir erkannt haben, welche negativen Auswirkungen wir verursachen und wie wir sie vermeiden könnten. Und drittens: Wir haben verstanden, dass die Kultur der Ureinwohner einige Besonderheiten aufweist und dass es in unserer Verantwortung liegt, ihre Kultur zu beschützen und dafür zu sorgen, dass die Indigenen von den Fortschritten bei El Cerrejón profitieren. Autor Die Firma, die nach eigenen Angaben vier Prozent des Kolumbianischen Bruttosozialproduktes erwirtschaftet, schwingt sich in die Rolle eines paternalistischen Neben-Staates auf – halb gewollt, halb gezwungen, denn die Konflikte, die sie selber verursacht, wird keine staatliche Institution für sie lösen. Autor Mehrere Interviewanfragen beim Kolumbianischen Bergbau-Ministerium blieben unbeantwortet. Dessen Entwicklungsplan „Vision 2019: Kolumbien als Bergbauland“ ist eher eine passive Zustandsbeschreibung als eine politische Handlungsvorgabe. Die Bergbauunternehmen sollten versprechen, heißt es da, mehr in saubere Technologien zu investieren. Sie werden gebeten, an einem planmäßigen Ausbau des Bergbaus mitzuwirken. Autor Genau dort, wo auf der Guajira-Halbinsel die Kohle so nah unter dem staubigen Boden liegt, hat die Natur einen Grünen Streifen zwischen den zwei Gebirgen geschaffen, die diesen Naturraum begrenzen, einen Biokorridor, den auch die Wayuu-Indianer attraktiv fanden und mit ihrer losen Siedlungsstruktur überzogen. Die Wayuu sind die größte von rund 80 präkolumbinischen, indianischen Gruppen in Kolumbien. Wie die meisten dieser Stammeskulturen, hatten auch die Wayuu lange Zeit keinen Anlass, soziale und politische Strukturen hervorzubringen, die ihnen Verhandlungen auf Augenhöhe mit dem Staat oder mit Unternehmen ermöglichen würden. Heute fühlen sich viele ausgegrenzt, beklagt Jairo Epiayu: El Carbón se va a acabar! El no va a dar todo el tiempo porque no produce. El se va a acabar en un momento, la empresa - va llegar su cierre y su poscierre y se va a ir. Y qué va a dejar? Tremenda monta~na destruída y fotocopias de monta~nas. Eso es lo que va a dejar. Y va a dejar mucha destrucción y mucha enfermedad en la Guajira. Y el municipio solamente ve el interés y el estado la parte económica el porcentaje que le den por el permiso y las regalías. Y así que el manejo de las regalías no se está dando adecuadamente que para salud, alcantarrillado, agua potable SPRECHER 5 Die Kohle ist irgendwann zu Ende! Sie wird nicht ewig halten, denn sie produziert ja nichts. Sie wird eines Tages zu Ende gehen und dann werden die Firmen dicht machen und gehen. Und was hinterlassen sie? Zerstörte Landschaften, falsche Berge und Krankheiten. Und die lokale Regierung sieht heute nur die Steuereinnahmen und die Abgaben, die sie für die Lizenzen kassieren. Aber sie investieren das Geld nicht richtig, zum Beispiel in Gesundheitsversorgung, in Abwasserbehandlung oder in Trinkwasser. Autor Dieses Jahr ist entscheidend für die indianische Sache, weil Kolumbien zusammen mit Peru derzeit über ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union verhandelt. Es que en el modelo económico que se ha impuesto en Colombia en los últimos veinte a~nos que podemos llamr el neoliberalismo o libre comercio o el consenso de Washington, es evidente que la industria y el agro han sufrido lo indecible. Y como viene TLCs con Estados Unidos y con la Unión Europea la industria y el agro van a volver a sufrir nuevamente más. Por ejemplo vamos a perder la producción del lácteo para poner un ejemplo o de arroz, para poner otro ejemplo entonces la minería se volvió como la tabla de salvación. Como el único sitio de donde deberan salir los recursos para importar todos los bienes que ya no vamos a producir y para atender el pago de la deuda externa. Esto por supuesto yo no lo puedo compartir. SPRECHER 5 Es ist offensichtlich, dass die einheimische Industrie und die Landwirtschaft unter dem neoliberalen Wirtschaftmodell der letzten zwanzig Jahre unsäglich gelitten haben. Und wenn nun die Freihandelsabkommen mit den USA und der Europäischen Union kommen, werden Industrie und Landwirtschaft weiter leiden. Zum Beispiel werden sich die einheimische Milchproduktion oder der Reisanbau nicht halten können. Und so ist der Bergbau plötzlich zum Rettungsring geworden. Nur aus diesem Sektor sollen die Einnahmen sprudeln, mit denen wir dann all die Güter importieren, die wir nicht mehr selber herstellen und unsere Auslandsschulden abbezahlen. Das kann ich nicht unterstützen. Autor Die Umweltschutzbewegung wächst in Kolumbien. Im Frühjahr demonstrierten in der Großstadt Bucaramanga 30.000 Menschen gegen ein Goldförderprojekt. Die größte Umwelt-Demonstration, die es je gegeben habe, schwärmen Aktivisten und hoffen auf mehr grünes Bewusstsein. Aber auch die Gegend von Bucaramanga ist längst dem Bergbauboom ausgeliefert. Es sind kleinere Minen, meistens in kolumbianischer Hand. Hier liegt die Zukunft des Regierungsprojektes „Vision 2019“: Wenn die Kohleförderung rasch verdoppelt werden soll, wird auch der Druck auf diese Gegenden zunehmen. Der deutsche Konfliktexperte Bertram Doll dreht einen Dokumentarfilm über die Folgen des Bergbaus. Er nimmt mich mit auf eine Tour in der Umgebung von Bucaramanga. Autor El Carmen del Chucurrí, eine fruchtbare Gegend am Fuße der Anden. Als Nelson López Cardenas hierher kam, glaubte er, er hätte es geschafft: Nachdem er aus seiner Heimatgegend flüchten musste, baute er sein Leben hier neu auf: Heute, nach rund 15 Jahren, führt er zwei Bauernhöfe, ist verheiratet und hat vier Kinder. Doch sie werden nicht in dem selben Naturparadies aufwachsen, dass Nelson hier vorfand, denn vor ein paar Jahren haben gewiefte Geschäftsleute die ganze ländliche Ordnung untergegraben: La empresa entró, un dia cualquiera llegaron, se presentaron como reforestadora San Luís, no venían a explota, venían a reforestar, esa fue la forma como nos compraron las tierras. SPRECHER 5 Die Firma kam eines Tages und stellte sich als Aufforstungsbetrieb San Luís vor. Es ginge nicht um Bergbau sondern um Bäume, hieß es. Innerhalb einer Woche kauften sie die Grundstücke zusammen, die sie wollte. Autor Sie seien sogar abends gekommen und hätten die Bauern unter Druck gesetzt, erzählt Nelson López Cardenas. Wenn du nicht verkaufst, hätten sie gesagt, schicken wir die Regierung vorbei, die wird dich enteignen. Als sie die Flächen zusammengekauft hatte, habe die vermeintliche Forstfirma plötzlich ihren Namen gewechselt und sich „Centromin“ genannt. Nos reunieron para hacer la audiencia pública para tener la licencia ambietal y nosotros como no teníamos conocimiento de que se trataba, nunca habíamos visto una explotación en esta zona. Nos hablaron de desarrollo, nos hablaron de futuro, de progreso, de empleos, de muchas cosas bonitas nos hablaron. SPRECHER 5 Sie haben uns versammelt, um die vorgeschrieben öffentliche Anhörung durchzuführen. Wir wussten damals nicht, was der Bergbau bedeutet, das hatten wir in dieser Gegend noch nie gesehen. Sie versprachen uns Entwicklung, eine bessere Zukunft, Fortschritt und Arbeitsplätze, sie sprachen von lauter netten Dingen. Autor Aber es kam anders: Heute durchschneidet die kleine Tagebaumine eine Straße, die ehemals rund 30 Höfe miteinander verband. Weil fast die Hälfte der früheren Nachbarn weggezogen sind, lohnt sich der gemeinschaftliche Fahrdienst nicht mehr, mit dem früher die Früchte zum Markt gebracht wurden. Heute läuft rotbraunes Wasser durch den Bachlauf unterhalb der Mine, das Vieh will es nicht trinken. Die Luft ist voller Staub und immer mehr Bauern versuchen, ihr Land zu verkaufen. Eine schleichende Entvölkerung dieses fruchtbaren Landstrichs hat eingesetzt. Autor Eine Tagesreise entfernt liegt das Örtchen El Cerrito in einer völlig anderen Landschaft: Auf gut zweieinhalbtausend Metern Höhe ist der Ort schon stark andin geprägt: Kartoffeln sind das Hauptprodukt der Bauern, die hier alle Poncho tragen. Oberhalb von EL Cerrito, in den Lagen zwischen 3.500 und 4.500 Metern liegt der Páramo – eine einzigartige Andenlandschaft, deren Böden sehr gut Wasser speichern können. Zähes langstieliges Gras überzieht die weichen Hügel, am Horizont verschwinden steile Felsenflanken in den schnell vorbeiziehenden Wolkenfetzen. Die Hügel werden von einem grau-schwarzen Band durchzogen: Eine offene Ader reinster Anthrazitkohle. Schon seit zwanzig Jahren wollen Bergbauunternehmen sie abbauen. Immer wieder rücken sie ohne Genehmigung an, verlassene Stollen zeugen von dem Ansturm. Mit einer Lüge habe alles begonnen, erzählt der Bauer Gebrail Suárez: Cuando ellos empezaron a llegar, llegaron prometiendonos que iban a arreglar las carreteras, que de pronto ayuda para las escuelas y a lo último pues de eso no hubo nada SPRECHER 3 Als sie kamen, versprachen sie uns neue Straßen und Hilfe für unsere Schulgebäude. Am Ende blieb davon gar nichts. Autor Das kleine Bergbauunternehmen Carbooriente aus der nächsten Provinzhauptstadt öffnete sechs Stollen, angeblich für Probebohrungen, wofür man keine Lizenz braucht. Aber in drei Jahren seien– „probehalber“ - bereits 60 Millionen Tonnen Kohle gefördert worden, schätzt Gebrail. Dann kam die Guerilla ELN. Und dann? Gebrail Suárez windet sich, findet nicht mehr die Worte. Es sei schwierig, über diese Zeit zu sprechen: La guerilla pues pasaba en estas partes, Lo que si ellos rotundamente a la comunidad en estas partes no le hicieron como percuicio alguno, pues eran muy amables. Pues eso si yo no puedo saber, si ellos tenían diálogo entre la companía con la guerilla. SPRECHER 3 Die Guerilleros kamen hier vorbei. Man muss sagen, sie haben unserer Gemeinde hier keinen Schaden zugefügt, nein, sie waren sehr freundlich. Ich kann nichts dazu sagen, ob es Gespräche gab zwischen der Guerilla und der Bergbaufirma Autor Der Bauer will nicht mit der unangenehmen Geschichte rausrücken, die andernorts längst offen erzählt wird, nämlich dass die Guerilla angeblich mit dem Bergbauunternehmen kooperiert habe. Unklar ist, ob es Schutzgelderpressung gab oder ob die Firma diesen ELN-Trupp sogar als privaten Sicherheitsdienst anheuerte. Gebrails Bruder Luis berichtet dann noch von dem gemeinsamen großen Bruder Leonél, der sich dem Bergbau entgegengestellt und die ganze Gemeinde auf ihre Seite gebracht hatte: Mi hermano recibió una amenaza por estar en ese cuento. El ahorrita habita en Venezuela, pues decidimos que mejor se fuera antes de que pase algo más grave. SPRECHER 2 Mein Bruder wurde bedroht, weil er sich einmischte. Wir wissen nicht von wem. Er lebt jetzt in Venezuela. Wir haben entschieden, dass er besser gehen sollte, bevor schlimmeres passiert. Autor Sechs, sieben Autostunden weiter liegt das Örtchen Toledo in einer Landschaft wie aus der Kaffewerbung. Auf 1500 Meter gelegen und mit reichlich Wasser gesegnet, bietet die Natur perfekte Bedingungen für einen gartenähnlichen organischen Anbau, bei dem die Kaffeebüsche im natürlichen Schatten von Bananenstauden, Feigen und Mangobäumen gedeihen. Das Wasser kommt aus dem Páramo, der hier durch den Nationalpark Tamá geschützt wird, einem Gemeinschaftsprojekt mit dem benachbarten Venezuela. Aber die Idylle trügt: An dem einen Ortsausgang bewachen Soldaten eine Pumpstation der Ölpipeline, deren Trasse die saftig-grünen Andenhänge wie eine Narbe durchzieht. Am anderen Ortsausgang zeigen die beiden Bauern Julio Pe~na und José Angel Perez auf ein kleines schwarzes Loch im Hang: Der Stollen ist mit hundert Metern Länge das Gegenstück zu El Cerrejón: Wohl eine der kleinsten Minen Kolumbiens, eine von rund zwanzig in der Gegend. Doch auch eine kleine Mine kann Streit auslösen. Plötzlich und unerwartet taucht der Minenbesitzer Edgar Ivan Peralta auf: A esas visitas asi deben invitar a uno...ellos son mis trabajadores que yo les doy empleo a costa de hacer me amigos como usted..Usted se metió en mi predio...No, yo les invito a que entremos en la mina, aqui tengo una lámpara... „Also wenn sie schon auf mein Grundstück kommen, sollten sie mich doch dazu holen!“ sagt Minenbesitzer Edgardo Peralta. Und dass er hier Arbeitsplätze schaffe und der Dank seien dann solche Feinde wie Don José...Der entgegnet noch, die Mine grabe seinem Grundstück das Wasser ab, was Peralta abstreitet und alle gemeinsam einlädt, die Mine zu besichtigen...aber weder Don José noch Don Julio wollen mit, die beiden einfachen Bauern sind in Gegenwart des redegewandten Ingenieurs verstummt. Para contestarle la pregunta del Se~nor José: El tunel va sí, hace una curva así y luego continúa hacia allá. Entonces, Don José me acusa de que estoy llegando al predio de él, pero queda bien allá, a más de un kilómtero de aquí! A mi me ha tocado callarme, porque nunca me invitan a una explicación... SPRECHER 5 Um die Frage des Se~nor José zu beantworten: Schauen Sie, der der Tunnel macht da vorne eine Kurve und geht dann in diese Richtung weiter. Wenn Don José sagt, ich würde unter seinem Grundstück graben, dann stimmt das nicht, das ist mehr als einen Kilomter von hier entfernt! Aber mich lädt ja keiner mehr zu einer Erklärung ein... Autor Der Minenbesitzer bleibt zuvorkommend und verabschiedet sich freundlich. Aber als wir das Grundstück verlassen und nach Toledo zurückfahren, merken wir, dass uns ein Motorrad folgt. Zwei junge Männer sitzen drauf, parken dann ein paar Meter entfernt und beobachten uns, wie wir in ein Pfarrhaus gehen...Bertram Doll richtet demonstrativ seine Kamera auf sie. Mehr passiert nicht, aber plötzlich spüren wir, wie sich Ohnmacht anfühlt. Autor Padre Carlos Saúl Jaimes, der sich moderat auf die Seite der Umweltschützer gestellt hat, gibt uns spontan eine Art Kirchenasyl und bietet Übernachtung im Pfarrhaus an, damit wir uns sicher fühlen. Der Padre sorgt sich, dass der Modernisierungskonflikt zwischen traditionellen Bauern und den lokalen Bergbauunternehmern die soziale Harmonie zerstört: Pues ciertamente, empresas de afuera llegan y donde detectan que hay carbón no les importan los due~nos de finca, no les importan los nacientes de agua, no les importan las carreteras, las hacen, hacen trochas. Les interesa que puedan sacar su carbón. A veces irrespetando a la persona que es nativa, que vive en la región. SPRECHER 4 Da kommen Unternehmen von außerhalb und wenn sie Kohle entdecken, interessieren sie sich nicht für die Bauern, für die Wasserquellen, für den Zustand der Straßen. Sie machen sich einfach selber Straßen, um ihre Kohle abzutransportieren und dabei ignorieren sie die Menschen, die hier zu Hause sind, die hier ihr Leben verbringen. Autor Noch vor drei, vier Jahren waren in Toledo Paramilitärs stationiert. 15 Bauern sollen sie ermordet haben, heißt es. Genaueres mag niemand erzählen. In solch einem Klima der Einschüchterungen kommt engagierten Menschenrechtlern eine besondere Rolle zu, die sich in Kolumbien unter anderem in verschiedenen Anwalts-Kollektiven organisiert haben. In Toledo versucht das „Colectivo de Abogados Luís Carlos Perez“, einen Dialog zwischen Befürwortern und Gegnern des Bergbaus herzustellen, erklärt dessen Leiterin Ursula Fernanda Castellanos: Nosotras estamos convencidas de que la defensa judicial, la defensa a traves de los mecanismos constitucionales y legales que están implementados en el estado democrático y de derecho es necesaria para podernos proteger y para mejorar la calidad de vida de las personas que están siendo vulneradas. SPRECHERIN Wir glauben an die juristischen Möglichkeiten, an die Verteidigung mit den Mitteln, die der demokratische Rechtsstaat vorsieht, um Menschen zu schützen und die Lebensqualität derer zu verbessern, die sich Angriffen ausgesetzt sehen. Autor Dieses Beharren auf dem Rechtsstaat bringt Ärger mit vielen Interessengruppen und so werden die Anwältinnen bei ihren Besuchen in Toledo und anderswo sogar von internationalen Aktivisten begleitet. Die Peace Brigades International hoffen, mit ihrer Anwesenheit direkte Gewalt verhindern zu können. Ihnen werde die Arbeit nicht ausgehen, meint die Spanierin Ana Vicente: En Colombia hay muchos recursos como carbón, como oro, como petróleo, pues también la coca. Digamos que antes el narcotráfico era la mayor fuente de financiación de los grupos y ara está empezando a entrar otro tipo de financiaciones. SPRECHERIN In Kolumbien gibt es viele Rohstoffe, wie Kohle, Gold, Erdöl und natürlich auch Kokain. Früher mal war der Drogenhandel die größte Einnahmequelle der illegalen Gruppen, aber jetzt beginnen sie, sich andere Einnahmequellen zu erschließen. Autor Die Kohle aus Toledo, aus dem Páramo und aus dem paradiesischen Carmen wird per Lastwagen über hunderte Kilometer schlechte Straßen bis zu den Karibikhäfen von Santa Marta gefahren. Ob auch diese Kohle heute schon nach Deutschland exportiert wird, erschließt sich nicht aus den spärlichen Angaben der deutschen Kohlekraftwerksbetreiber. Aber die sie können es auch nicht ausschließen. Die meisten wissen es nicht. Wie sollten sie auch: Kolumbien ist ein Land in dem es viele Versionen der Wahrheit gibt. Autor Es ist ein langer Weg zurück, vom kolumbianischen Hinterland in den Karlsruher Rheinhafen. Friedlich liegt das holländische Motorschiff „Amazone“ im Schatten der Baukräne. 2013 will die EnBW hier ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb nehmen. 2018 wird in Deutschland die Steinkohleförderung entgültig eingestellt. Dann verfeuern die deutschen Stromversorger nur noch Importkohle. Der Aderlass in den Anden wird weitergehen.