Signale aus der Natur - Baden
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Signale aus der Natur - Baden
Signale aus der Natur L Von der Biologischen zur Medienübergreifenden Umweltbeobachtung in Baden-Württemberg Herausgeber LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg Postfach 10 01 63, 76231 Karlsruhe, www.lubw.baden-wuerttemberg.de Redaktion Ruth Baumann, Dr. Harald Gebhardt, Dr. Kai-Achim Höpker, Dr. Michael Marten Bearbeitung Referat Medienübergreifende Umweltbeobachtung, Klimawandel: Ruth Baumann, Dagmar Berberich, Dr. Karin Deventer (bis 2005), Dr. Harald Gebhardt (Stv. Referatsleitung), Dr. Kai-Achim Höpker (Referatsleitung), Dr. Michael Marten, Thomas Mayer, Dr. Andreas Prüeß, Kay Rahtkens, Daniel Schulz-Engler, Dr. Theo von der Trenck, Biologisches Labor: Thi-Tam Dao Trong, Elke Dresel, Sandra Dezenter, Susanne Eckert, Katja Kramer, Lothar Kitt (bis 2011), Dr. Uwe Matthias (Laborleitung), Gudrun Meyer-Jetter, Dr. Irene Tesseraux, Dagmar Volk-Latchin, Jutta Wolf-Walter, Dr. Jürgen Zipperle (Laborleitung bis 2010), Ursula Zipf (bis 2012) TextBearbeitung ÖkoMedia GmbH / Ökonsult GbR und gestaltung Bezug Diese Broschüre ist gedruckt oder als Download im pdf-Format kostenlos erhältlich bei der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, Postfach 100163, 76231 Karlsruhe unter: http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/6638 ISBN 978-3-88251-360-8 StanD Januar 2013 Bildnachweis Titelbild: LUBW/Th. Weiss (pixelio.de) S. 04_1: S. Springer (pixelio.de); S. 05_2: M. Witschel, _3: S. Schi (pixelio.de); S. 08_2: R. Lodzig; S. 09_1: J. Winkler, _2: W. Thielicke; S 10_1: W. Hennegriff, _2: S. Springer (pixelio.de), _3: W. Hennegriff; S. 11_1: J. Gathany, _2: Wikipedia; S. 13_1: M. Hassler, _2: H. Zell; S. 14_3 M. Marten; S. 15_1 M. Marten; S. 16_2 und _3 M. Marten; S. 18_3: shutterstock; S. 19_1: LK Böblingen, _2: LK Böblingen; S. 20_1: NJ. Stapper, _2: NJ. Stapper, _3: NJ. Stapper; S. 21_1: NJ. Stapper, _2: NJ. Stapper; S. 22_1: shutterstock, _2: E. Spiegelhalter STG; S. 24_1: shutterstock; S. 28_1: D. Russell, _3: D. Russell; S. 30_2: O. Ehrmann; S. 31_1: O. Ehrmann; S. 32_3: H. Heuer-Klug, S. 34_3: shutterstock; S. 36_2: M. Witschel, _3: S. Schi (pixelio.de); S. 37_2: M. Witschel; S. 38_1: M. Witschel, _3: ÖkoMedia; S. 40_1: R. Lodzig, _2: B. Zoller, _3: B. Zoller; S. 41_2: shutterstock; S. 46_1: Th. von der Trenck; _2: BASF, _3: M. Ströck; S. 47_1: W. Thielicke, _2: shutterstock; S. 48_1: R. Sturm (pixelio.de), _2: BMU, _3: shutterstock; S. 49_2: J. Winkler; restliche Bilder: LUBW. Druck Gedruckt: Klimaneutral auf Recyclingpapier Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Zustimmung des Herausgebers unter Quellenangabe und Überlassung von Belegexemplaren gestattet. 2 Signale 2013 © LUBW Vorwort Mit den „Signalen aus der Natur“ stellt die der Meteorologen wissen wir, dass sich das Kli- LUBW ausgewählte Ergebnisse aus nahezu ma ändert. Aber erst durch die Dauerbeob- drei Dekaden Tätigkeit der „Medienübergrei- achtungen der MUB erkennen wir, dass die fenden Umweltbeobachtung (MUB)“ vor. Natur bei uns im Land auf die Klimaverände- Hervorgegangen aus dem früheren „Immis- rungen bereits reagiert. sionsökologischen Wirkungskataster Baden- Die Kombination und Verknüpfung von biolo- Württemberg“ untersuchen wir heute medien- gischen und chemisch-physikalischen Ergebnis- übergreifend verschiedenartige Veränderungen sen der einzelnen Messnetze der LUBW ergibt in der Umwelt. Beispielsweise informiert uns eine interdisziplinär ausgerichtete, medien- die landesweite Dauerbeobachtung von Tieren übergreifende Datenauswertung, mit der zu- und Pflanzen – sogenannten Bioindikatoren – sätzliche Informationen und Bewertungen ge- auf Wald- und Grünlandflächen und an Gewäs- wonnen werden. Mit der MUB wollen wir die serstellen über die Belastung und Belastbarkeit Entwicklung, Belastung und Veränderung der von Ökosystemen. Die MUB liefert uns wichti- Umwelt als Ganzes kontinuierlich erfassen. ge Erkenntnisse zu Verbleib und Auswirkun- Um es kurz zu sagen, wir müssen wissen, wie gen von chemischen Stoffen. Auch zentrale zu- sich Umwelt und Natur entwickeln. Nur dann kunftsorientierte Fragestellungen, wie die nach können wir die Landesregierung über die Um- den Folgen des Klimawandels oder den Aus- weltsituation fachlich beraten und die Öffent- wirkungen des Einsatzes neuer Technologien, lichkeit umfassend informieren. werden bearbeitet. Die MUB ist damit ein In den "Signalen aus der Natur" stellen wir ei- wichtiger Baustein unserer Aufgabe, das Le- ne Auswahl an Ergebnissen aus der MUB vor. bensumfeld der Menschen in Baden-Württem- Sie soll die große Bandbreite und vielseitige berg zu untersuchen und zu bewerten. Anwendbarkeit der MUB als einem modernen Weiß man denn nicht schon genug, müssen Instrument der Umweltüberwachung in Baden- wir immer weiter die Umwelt beobachten? Württemberg zeigen. Ganz ohne Zweifel resultieren aus der Um- Ganz bewusst haben wir uns dabei kurz gefasst weltschutzpolitik der letzten Jahrzehnte be- und die Ergebnisse auf den Punkt gebracht. merkenswerte Erfolge, die sich auch in den Wir hoffen, Ihnen damit den Einstieg in die Untersuchungsergebnissen der MUB wider- komplexen Themen zu erleichtern. Weiterge- spiegeln. Gleichwohl erfährt die Umwelt wei- hende Informationen mit umfangreicher Dar- ter Veränderungen. So werden fast täglich neue stellung der Untersuchungen finden Sie im In- Stoffe synthetisiert und in die Umwelt entlas- ternetangebot der LUBW (www.lubw. sen, deren Umweltwirkungen im Labor nur be- baden-wuerttemberg.de/servlet/is/2884/). grenzt abgeschätzt werden können. Viele Stoffe akkumulieren und wirken über lange Zeiträume in der Umwelt. Hier müssen wir weiter be- Margareta Barth obachten. Die Bedeutung von Langzeitunter- Präsidentin der Landesanstalt für suchungen wird nicht zuletzt beim Klimawan- Umwelt, Messungen und Naturschutz del deutlich. Anhand der Langzeitmessungen Baden-Württemberg © LUBW Signale 2013 3 V o rw o rt Margareta Barth, Präsidentin der LUBW 3 Zu s a m m e n fa ssung Ergebnisse auf einen Blick 6 E i n f ühr u n g Die Umwelt unter der Lupe 8 klima Klimaveränderung wandelt Umwelt und Natur im Land 10 Blütenpflanzen reagieren auf den Klimawandel 12 Fliehen Wassertiere vor zunehmender Wärme? 14 wa s s e r Alles im Fluss: Ausbreitung gebietsfremder Wassertiere 16 Teeröle im Grundwasser jetzt besser zu bewerten 18 luft 4 Bessere Luft lässt Flechten gedeihen 20 Buchenblätter: mehr Stickstoff, weniger Schadstoffe 22 Der Regen ist nur noch halb so sauer 24 Gesundheitsrisiko durch Bioaerosole? 26 Signale 2013 © LUBW B od e n Springschwänze reagieren auf Umweltveränderungen 28 Lebensraumqualität von Waldböden verbessert 30 pflanzen Ausbreitung der Allergie auslösenden Beifuß-Ambrosie 32 Keinen transgenen Raps gefunden 34 Pflanzenvielfalt im extensiv genutzten Grünland 36 Wenig Änderung in der Krautschicht des Waldes 38 tiere Vogeleier spiegeln langlebige Umwelt-Gifte 40 Mit Regenwürmern Schwermetalle bewerten 42 m e n s ch Gefährlich oder nicht – das ist beim Abfall oft die Frage 44 Chancen und Risiken der Nanomaterialien 46 Edelmetalle am Straßenrand 48 © LUBW Signale 2013 5 Ergebnisse auf einen Blick Die Medienübergreifende Umweltbeobachtung BadenWürttemberg (MUB) untersucht und bewertet Veränderungen der Umwelt. Seit fast drei Dekaden wird der Zustand von Wald-, Grünland- und Fließgewässerökosystemen ermittelt. Die Ergebnisse zeigen die Erfolge der Umweltpolitik, aber auch kritische Belastungen. Klimawandel und Klimafolgen Neue Tiere und Pflanzen Meteorologische Langzeitdaten belegen eine Klimawandel und internationale Handelsbezie- Klimaveränderung für Baden-Württemberg. hungen können eine Ursache für das Auftreten Erste Folgen zeichnen sich in der Natur ab. neuer Tier- und Pflanzenarten in BadenWürttemberg sein. • Wärme liebende südliche Tier- und Pflanzenarten breiten sich im Land aus. Veränderungen • Die Allergie auslösende Beifuß-Ambrosie von Lebensgemeinschaften und die Ausbrei- breitet sich durch globalen Warenaustausch tung von Insekten, die als Krankheitsüberträ- und aufgrund verlängerter Vegetationsperioden ger fungieren können, werden verfolgt. in den letzten 20 - 30 Jahren vor allem im Oberrheingebiet und Stuttgarter Raum aus. • Wild- und Nutzpflanzen blühen immer frü- Herkunft der Samen ist importiertes Vogelfut- her. Offen sind die Auswirkungen auf Blüten- ter. Die LUBW unterstützt durch Monitoring bestäuber und deren Nahrungsbeziehungen. und Beratung bei der Bekämpfung. • Pflanzen mit ozeanischer Verbreitung, die • Schiffsverkehr sorgt für Artenveränderungen wintermildes Klima bevorzugen, nehmen zu. in Fließgewässern. Arten aus dem Schwarzen Dies deuten ökologische Bewertungen von Meer werden in Rhein und Neckar verschleppt Wald- und Grünlandpflanzen an. und können sich etablieren. Das LangzeitMonitoring belegt 36 neue Kleintierarten. • In Gewässern ist erkennbar, dass Wärme liebende wirbellose Tierarten flussaufwärts in kühlere Bachabschnitte wandern. 6 Signale 2013 © LUBW Diese bedrohen seltene und geschützte Arten. Zusammenfassung Veränderungen durch • Im Extensiv-Grünland beeinflussen Pflege- • Der Anbau gentechnisch veränderter Pflan- chemische Stoffe maßnahmen den Pflanzenreichtum stärker als zen ist in Baden-Württemberg nicht erlaubt. Für Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid, Stick- Stickstoffangebot und Klimawandel. Es wur- Durch Importe, Freisetzungsversuche sowie oxide, Schwermetalle und organische Verbin- de ein schwacher Trend für eine Abnahme Saatgutkontamination besteht die Gefahr ei- dungen ergeben sich positive Entwicklungen, der Nährstoffzahl (Stickstoff) beobachtet. ner Einschleppung. Gentechnisch veränderter aber auch weiterhin kritische Belastungen. Tendenziell erhöhen sich die mittleren Zei- Raps besitzt ein hohes Verwilderungspoten- gerwerte für Licht und Temperatur. zial. Das Rapsmonitoring ergab bisher keinen • Der Rückgang der Schwefeldioxidemissio- Nachweis einer Verwilderung im Land. nen wirkt sich positiv auf Pflanzen und Tiere • Toxische und schwer abbaubare Organoha- verschiedener Lebensräume aus. Flechtenar- logenverbindungen (POPs) wie DDT, DDE, • Kfz-Abgaskatalysatoren setzen sensibilisie- ten, die eine bessere Luftqualität indizieren, HCB und PCB belasten die Umwelt. Verbote rende und katalytisch wirkende Edelmetalle nehmen zu. Pflanzenproben aus dem Grün- und andere Maßnahmen führten zu einem (Platin, Palladium, Rhodium) frei. Mit expo- land belegen ebenfalls den Rückgang der merklichen Rückgang dieser Stoffe in den nierten Graskulturen wurde der Umweltein- Schwefeldepositionen. 1980er Jahren. Die Eier des Bioindikators trag bestimmt. Daraus ergeben sich keine Wanderfalke weisen aber immer noch hohe Hinweise für Schäden an Agrarpflanzen. Pla- • Die Schwermetallbelastung der Böden an Belastungen auf. Es wurden 93 von 177 weit tingehalte in der Luft viel befahrener Straßen den Waldstandorten ist in den letzten 30 Jah- verbreiteten potenziellen Schadstoffen nach- liegen weit unterhalb der Auslöseschwelle für ren erheblich zurückgegangen. Dies zeigen gewiesen, wie derzeit verwendete nichtchlo- Atemwegsallergien beim Menschen. Untersuchungen von Regenwürmern. rierte Pestizide. • Anlagen der Abfallwirtschaft und der Inten- • Hohe Bleigehalte in Waldpflanzen wurden • Zur Bewertung von Teerölen im Grundwas- sivtierhaltung können Bioaerosole (u. a. noch zu Beginn der 1990er Jahre nachgewie- ser sowie zur Einstufung der Gefährlichkeit Schimmelpilze, Bakterien, Viren) freisetzen. sen. Im Zuge des Verbotes von Blei in Kraft- von Abfällen wurden Verfahren und Untersu- Für Anwohner können sich Gesundheitsbe- stoffen sanken die Gehalte in Buchenblättern chungsmethoden entwickelt. einträchtigungen ergeben. Neue Messmetho- zwischen 1986 und 2011 um mehr als 90 Pro- den und umweltmedizinische Bewertungsver- zent. Dagegen stieg der Stickstoffgehalt um Umweltauswirkungen von durchschnittlich 16 Prozent an. Technologien fahren wurden entwickelt. Beim Einsatz neuer Technologien ist deren Diese Ergebnisse der Medienübergreifenden • Die Abnahme toxischer Metalle und ökotoxikologische Bewertung und ggfs. ein Umweltbeobachtung sind Beispiele für die Schwermetalle in Gewässern verbessert die Umweltmonitoring notwendig. Negative Um- Erfüllung des Auftrages der LUBW „Beob- Lebensraumqualität für Fische, Amphibien weltauswirkungen können erkannt und recht- achten – Bewerten – Beraten“. und wirbellose Wassertiere. Eier und Larven zeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. haben höhere Überlebensraten. Ausführliche Ergebnisse finden sich im Inter• Zum Themenbereich „Nanotechnologie“ netauftritt der LUBW unter dem Stichwort • Ökologische Zeigerwerte belegen die Stabi- wurde der wissenschaftliche Sachstand zur „Medienübergreifende Umweltbeobachtung“. lität der Krautschicht in den untersuchten Toxikologie und Ökotoxikologie von Nano- Wäldern. Die Biodiversität der Krautschicht materialien in einer Studie zusammengestellt. hat sich kaum verändert. © LUBW Signale 2013 7 Waldmonitoring Bioindikator Wanderfalke Laboruntersuchungen bei der LUBW Die Umwelt unter der Lupe Vom Sauren Regen bis zum Klimawandel: Baden-Württembergs Pflanzen- und Tierwelt hat mit wechselnden Umweltbedingungen zu kämpfen. Seit mehr als 25 Jahren wacht die Medienübergreifende Umweltbeobachtung (MUB) über den „Gesundheitszustand“ von Ökosystemen im Land. 8 Signale 2013 © LUBW Medienübergreifend die Umwelt zu beobach- Wie alles begann ten heißt: Einzelne Umweltbereiche wie Bo- In den 1980er Jahren waren Waldsterben, Sau- den, Wasser und Luft werden nicht getrennt rer Regen, Luft- und Abwasserverschmutzung voneinander betrachtet. Die Ergebnisse einzel- die beherrschenden Umweltthemen. Sie gaben ner Messnetze werden vielmehr miteinander den Anlass dafür, 1984 eine landesweite biolo- verknüpft und in Beziehung zu Veränderungen gische Umweltbeobachtung aufzubauen, die in der Natur gesetzt. Das Ziel ist es frühzeitig zunächst „Immissionsökologisches Wirkungs- zu erkennen, wie sich die Umwelt verändert kataster“ genannt wurde. Damals wie heute und wie sich Belastungen auf Ökosysteme aus- sind Dauerbeobachtungsstellen in Wäldern, an wirken. Fließgewässern und im Grünland Kernstück Rechtlich basiert die MUB auf Bundes- und der Strategie. Hier beobachten Fachleute auch Landesnaturschutzgesetzen sowie auf Vereinba- mit Hilfe von geeigneten Bioindikatoren, wie rungen auf europäischer Ebene. Internationale sich Umwelt und Natur verändern. Abkommen bzw. Vereinbarungen wie die Rio- In den ersten Jahren wurde schwerpunktmäßig Konvention zur biologischen Vielfalt, die Fau- geprüft, wie die Natur auf Schwefeldioxid, na-Flora-Habitat Richtlinie oder die Internatio- Ozon, Stickoxide und Schwermetalle reagiert. nale Konvention über persistente organische Später wurde das Untersuchungsprogramm auf Schadstoffe verpflichten sogar zur Umweltbe- für Mensch und Tier gesundheitsschädliche, obachtung und Berichterstattung. In Baden- langlebige organische Schadstoffe, wie Dioxine, Württemberg sind die Zielsetzungen und The- polychlorierte Biphenyle und Pestizide ausge- menfelder der Umweltbeobachtung in den dehnt. Damals stellten Experten vielfach hohe Umweltplänen Baden-Württembergs von Konzentrationen von Schadstoffen in der Tier- 2000 – 2007 und 2007 – 2012 verankert. und Pflanzenwelt fest. Einführung Weidelgrasexposition - Schwermetallmonitoring Nanotechnologie - Lotuseffekt Umweltpolitik zeigt Erfolge Die hier vorgestellten Untersuchungen machen signale der natur Das gewachsene Umweltbewusstsein und die deutlich, dass die MUB bereits jetzt wichtige • Signale der Natur aus der Me- Maßnahmen der Umweltpolitik zeigen auch in Daten- und Bewertungsgrundlagen zu diesen dienübergreifenden Umweltbe- der Natur Erfolge. So belegen biologische Indi- „neuen“ Themenfeldern liefert. obachtung unterstützen Natur- katoren der MUB, z. B. Moose und Flechten Darauf können Konzeptionen für umweltpoli- und Umweltschutz. für viele Regionen Baden-Württembergs über- tische Programme und Rechtsetzungen sowie wiegend einen Rückgang der Luftbelastungen. Vollzugshilfen des Umweltministeriums auf- Auch andere stoffliche Belastungen, z. B. bauen. Jahren positive wie negative Schwermetalle und einige organische Verbin- Auch zukünftig werden die existierenden Dau- Veränderungen in Natur und dungen, sind in den letzten Jahren tendenziell erbeobachtungsflächen die Basis für die Me- Umwelt fest. in den Ökosystemen zurückgegangen. Diese dienübergreifende Umweltbeobachtung sein. positiven Signale aus der Natur sind jedoch Sowohl als Frühwarnsystem als auch als Er- kein Grund zur Entwarnung. Weiterhin gilt es folgskontrolle für Umweltschutz und Umwelt- der Klimawandel, der Einsatz altbekannte, aber auch neue Stoffe auf gefähr- politik. Beispielsweise haben sektorale Maß- neuer Technologien und Fragen liche Eigenschaften zu untersuchen. nahmen zur Senkung der erheblichen Stick- zum Stoffhaushalt. • Die MUB stellt seit den 1980er • Neue Herausforderungen sind stoffbelastungen bisher keinen umfassenden Ausblick Erfolg gezeigt. Hier steht eine medienübergrei- Die Zukunft wird auch von neuen Fragestel- fende Beobachtung und Bewertung des Stick- lungen wie den Folgen des Klimawandels oder stoffs als nächstes an. den Auswirkungen neuer innovativer Techno- Handlungsbedarf gibt es überdies beim Klima- logien (z. B. Gentechnologie, Nanotechnolo- wandel, der sich bereits in der Natur bemerk- gie) geprägt sein. bar macht. Mit der Fortführung des auch in der Entsprechend hat sich die Umweltbeobach- Deutschen Anpassungsstrategie geforderten tung vom „Immissionsökologischen Wirkungs- Klimabiomonitorings wird die MUB weitere kataster“ zur Medienübergreifenden Umwelt- Folgen des Klimawandels diagnostizieren. beobachtung erweitert mit heute vier Durch die Betreuung des Forschungspro- Schwerpunktfeldern: gramms KLIMOPASS (Klimawandel und mo- 1. W irkungen von Klimaveränderungen und dellhafte Anpassung in Baden-Württemberg) Anpassungen der belebten Umwelt 2. T oxizität und Anreicherung chemischer Stoffe in der Umwelt 3. W irkungen des Einsatzes neuer Technologien auf die Umwelt 4. A nalyse und Bewertung des Stoffhaushaltes ausgewählter Umweltschadstoffe sowie die Einbindung in die Entwicklung einer Strategie zur Anpassung an Folgen des Klimawandels in Baden-Württemberg wird ein vorausschauend planender Ansatz verfolgt. Damit soll dieser großen Herausforderung begegnen werden. KONTAKT Dr. Kai-Achim Höpker [email protected] Dr. Harald Gebhardt [email protected] © LUBW Signale 2013 9 Gefährdung durch Hochwasser Starkniederschläge können zunehmen Extremereignis Hagel Klimaveränderung wandelt Umwelt und Natur im Land Die weltweit zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor rund 130 Jahren lagen alle im Zeitraum 1998 bis 2012. Auch in Baden-Württemberg lässt sich der Klimawandel mit zahlreichen Auswirkungen auf Mensch und Natur beobachten. So breiten sich zunehmend neue Pflanzen- und Tierarten aus. 10 Es wird wärmer Mitte des Jahrhunderts sollen die Jahresmittel- Schon leichte Erhöhungen der In Baden-Württemberg ist die Jahresmitteltem- temperaturen um weitere 0,8 °C bis 1,7 °C stei- Jahresmitteltemperatur haben peratur von Beginn der Messungen Anfang des gen, wenn es nicht gelingt, die Treibhausgas- Folgen für Mensch und Um- 20. Jahrhunderts von rund 8 °C auf Werte um emissionen ausreichend zu begrenzen. welt. Ziel des Klimaschutzes 9 °C gestiegen. Auch wenn es zwischendurch ist, die globale Temperaturer- wieder kühlere Jahre gibt, der langfristige Trend Die Natur wandelt sich mit höhung langfristig auf 2 °C bleibt: Die Temperaturen steigen. Gab es in Wie sich das Klima verändert, nehmen wir über dem vorindustriellen Ni- Karlsruhe in den 1880er bis 1900er Jahren im hauptsächlich bei zunehmenden Extremereig- veau zu begrenzen. Mittel ca. 40 Sommertage (T > 25 °C), so liegen nissen wie Hitzesommer, Hochwasser oder wir heute bei rund 60 Sommertagen. Bis zur Starkniederschläge wahr. Doch der Klimawan- Mitte des Jahrhunderts wird mit etwa 80 Tagen del macht sich in der Natur bereits im Kleinen gerechnet. Die Winter sind generell milder ge- bemerkbar. Die LUBW konnte in regionalen worden, die Anzahl der Frosttage hat sich ver- Untersuchungen und Forschungsprogrammen ringert. Zudem haben die Höchstniederschläge der „Medienübergreifenden Umweltbeobach- im Winter regional unterschiedlich bis zu 35 tung (MUB)“ schon früh beobachten, dass sich Prozent zugenommen, ebenso die Hochwasser- die Natur in Baden-Württemberg schnell verän- ereignisse in den letzten 30 Jahren. Das Klima dert hat. Beispielsweise haben sich mediterrane in Baden-Württemberg hat sich geändert und Insektenarten in den letzten 20 Jahren ausge- wird sich voraussichtlich weiter wandeln. breitet. Unter den Neuankömmlingen sind Laut Klimaprojektionen werden die Durch- krankheitsübertragende Insekten wie Tigermos- schnittstemperaturen weiter zunehmen. Bis kito und Sandmücke. Auch die Wärme lieben- Signale 2013 © LUBW klima Tigermoskito als Krankheitsüberträger Einwanderer Feuerlibelle jahresmitteltemperaturen in baden-württemberg (1901 - 2012) signale Aus der natur • Der Klimawandel ist auch in 10,5 Baden-Württemberg nachweis- 10,0 bar. 9,5 Temperatur °C 9,0 • Die Sommer- und Hitzetage 8,5 haben zugenommen, die Frost- 8,0 und Eistage wurden weniger. 7,5 7,0 • Neue Wärme liebende Tier- 6,5 und Pflanzenarten breiten sich 6,0 5,5 1900 Lineare Regression 1910 1920 1930 1940 30 jähriger gleitender Mittelwert 1950 1960 1970 1980 aus. 1990 2000 2010 • Strategien zur Anpassung müsEntwicklung der Jahresmitteltemperaturen in Baden-Württemberg (Daten DWD 2013) sen für viele Lebensbereiche des Menschen gefunden wer- den Zecken breiten sich weiter aus. Bei vielen notwendigen Anpassungsmaßnahmen in den den. Pflanzen haben sich die Wachstums- und Ent- Vordergrund. Bei diesen Fragen ist es wichtig, wicklungsvorgänge auffallend verändert: Kultur- nicht nur einzelne Sektoren zu betrachten, son- pflanzen wie der Apfel aber auch viele Wild- dern interdisziplinär zu arbeiten. Seit 2001 be- pflanzen blühen heute früher. Wärme liebende treut die LUBW interdisziplinär ausgerichtete Pflanzen wie Hirse oder Götterbaum nehmen Forschungsprogramme des Umweltministeri- in unseren Breiten zu. Es wird auch die Aus- ums Baden-Württemberg zum Klimawandel. breitung gebietsfremder Wildkräuter, wie z. B. Mit dem Verbundprojekt KLARA (Klimawan- die Beifuß-Ambrosie begünstigt, die Allergien del – Auswirkungen, Risiken, Anpassung; 2001 verursachen kann. Mit dem „Klima-Biomonito- bis 2005) und dem Programm „Herausforde- ring“ deckt die MUB eine Empfehlung in der rung Klimawandel“ (2006 - 2010) wurden ins- Deutschen Anpassungsstrategie der Bundesre- besondere die Klimafolgen untersucht. Mit http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de gierung zum Klimafolgen-Monitoring ab. dem seit 2010 laufenden Programm KLIMO- /servlet/is/2908/ WEITERE INFORMATIONEN Klimafolgen PASS (Klimawandel und modellhafte Anpas- UM & LUBW [Hrsg.] (2012): Klimawandel Anpassung ist notwendig sung) wird die Forschung nach geeigneten An- in Baden-Württemberg, Fakten - Folgen - Der Klimawandel wirkt sich auch auf viele Le- passungsmaßnahmen intensiviert. Perspektiven. bensbereiche des Menschen aus, angefangen Konsequenterweise wirkt die LUBW im Auf- bei der menschlichen Gesundheit, über Land- trag des Umweltministeriums auch an der Ent- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Touris- wicklung einer Anpassungsstrategie an die Fol- mus, Katastrophenschutz bis hin zur Wirtschaft. gen des Klimawandels für Baden-Württemberg Neben den Fragen nach den Folgen des Klima- mit. http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/67972/ KONTAKT Dr. Kai-Achim Höpker [email protected] wandels rücken immer stärker auch Fragen nach © LUBW Signale 2013 11 Apfelblüte bei Gernsbach-Lautenbach Alter Boskoop in Vollblüte Bioindikator Apfelblüte Blütenpflanzen reagieren auf den Klimawandel Phänologische Untersuchungen an Pflanzen zeigen, dass der Klimawandel bei Wild- und Nutzpflanzen zu einem früheren Blühbeginn im Frühjahr und teilweise zu einem späteren Blattfall im Herbst, also insgesamt zu einer längeren Vegetationsperiode im Land führt. Naturphänomene als Klimazeiger Die Phänologie ist die Lehre Die Phänologie befasst sich mit den Wachs- vom jahreszeitlichen Entwick- tums- und Entwicklungserscheinungen bei lungsgang bei Pflanzen und Pflanzen und Tieren. Dabei werden regelmäßig Tieren. wiederkehrende biologische Phänomene, so Blühbeginn des Apfels genannte phänologische Phasen, beobachtet. Bei Pflanzen sind dies Beginn der Blattentfaltung, Beginn/Ende der Blüte, Fruchtreife oder Beginn des Blattfalls. Das Jahr wird in zehn „phänologische Jahreszeiten“ eingeteilt und als „phänologische Uhr“ dargestellt. Bei der „doppelten phänologischen Uhr“ werden zwei Zeiträume miteinander verglichen. Klimatisch be- Höhenabhängige Entwicklung der Apfelblüte im Murgtal am 23. April 2012 (Daten: LUBW, Grafik: SWR) dingte Veränderungen in der Natur werden Klima verändert. Die LUBW verfolgt seit 2007 dadurch verdeutlicht. den Verlauf der Apfelblüte in einem Beobachtungsgebiet, das von der Oberrheinebene über 12 Signale 2013 © LUBW LUBW untersucht Apfelblüte das Murgtal bis in die Höhenlagen des Nord- Der Beginn der Apfelblüte zeigt nach der Ein- Schwarzwaldes reicht. Mit diesen Untersu- teilung in phänologische Jahreszeiten den Voll- chungen beteiligt sie sich an der Aktion „Ap- frühling an. Beobachtet man die verschiedenen felblütenland“ der SWR-Fernsehredaktion Blühstadien beim Apfel über mehrere Jahre, „planet-wissen“. Hierbei wird in ganz Deutsch- lässt sich daran dokumentieren, wie sich das land der Beginn der Apfelblüte dokumentiert. klima Reife Äpfel im Herbst Früchte des Schwarzen Holunders Doppelte Phänologische UhR Winter Winterweizen (Auflaufen) 109 Spätherbst Stiel-Eiche (Blattfärbung) Vollherbst Stiel-Eiche (Früchte) 97 14 31 9 36 N O S A D J 35 43 F M A M 34 31 Vorfrühling Hasel (Blüte) Erstfrühling Forsythie (Blüte) 28 J J 35 Frühherbst 23 33 30 8 Vollfrühling 52 Schwarzer Apfel Holunder 20 24 (Blüte) (Früchte) 38 Spätsommer Frühsommer Apfel, frühreifend Schwarzer (Früchte) Hochsommer Holunder Sommerlinde (Blüte) (Blüte) Pflanzen blühen früher signale Aus der natur Darüber hinaus beobachtet die LUBW die • Die phänologischen Phasen phänologischen Phasen bei Wild- und Nutz- wie Blattaustrieb, Blüte oder pflanzen im Land. Mithilfe phänologischer Uh- Fruchtreife treten im Jahresver- ren konnte festgestellt werden, dass seit den lauf immer früher ein. 1960er Jahren bei vielen Pflanzen Blattaustrieb, Blüte und Fruchtreife im Frühling und Som- • Vor allem in den letzten 20 mer immer früher einsetzen, sie blühen im Jahren erfolgte eine sprung- Landesdurchschnitt um bis zu zwei Wochen hafte Verfrühung. früher. Bislang ist offen, welche Auswirkungen dies auf Blütenbestäuber und deren Nahrungsbeziehungen hat. Im Herbst hingegen verspä- • Der Klimawandel verlängert die Vegetationsperiode. ten sich Blattverfärbung und Blattfall. Insgesamt verlängert sich dadurch die Vegetations- Doppelte phänologische Uhr für den „Nördlichen Oberrheingraben“ für die Zeiträume 1961 - 1990 (äußerer Ring) und 1991 - 2009 (innerer Ring), Daten: DWD periode der Pflanzen. Der Vergleich mit meteo- 14 bis 42 Tage für 1000 Meter Klimawandel vor allem in den Höhenunterschied letzten 20 Jahren Je nach Witterung erreichte die Apfelblüte die Die Analyse phänologischer Zeitreihen von Höhenlagen des Nord-Schwarzwaldes vom 1837 bis 2009 der Station Hohenheim zeigt, Oberrheintal aus unterschiedlich schnell: Im dass sich die phänologischen Phasen wie der Jahr 2007 blühte der höchstgelegene Apfel- Blütenbeginn schon in früheren Jahrzehnten WEITERE INFORMATIONEN baum auf dem Schliffkopf (1043 m ü. N. N.) verschoben haben. So setzt heute die Blüte der LUBW (2007): Naturschutz-Info 2/2007, binnen 14 Tagen nach dem Blühbeginn im Schlehe (Prunus spinosa) 30 Tage und die des http://www.fachdokumente.lubw.baden- Oberrheintal. Der Höhengewinn betrug Schwarzen Holunders (Sambucus nigra) etwa 66 Meter pro Tag. Im Jahr 2008 benötigte 25 Tage früher ein als vor rund 170 Jahren. die Blüte dagegen für die 923 Meter Höhen- Doch richtige „Sprünge“ macht die Blüte erst unterschied insgesamt 42 Tage (Höhengewinn in den letzten 20 Jahren. rologischen Daten zeigt, dass der Wandel des Klimas den früheren Blühbeginn verursacht. wuerttemberg.de/content/50118/ naturschutz_info_2007_2.pdf LUBW [Hrsg.] (2010): Die Eintrittsdaten phänologischer Phasen und ihre Beziehung zu Witterung und Klima (Bearb.: 22 m pro Tag). 2011 dauerte es 35 Tage (26,4 m Holz, I. et al.). pro Tag) und 2012 waren es 42 Tage (22 m pro http://www.fachdokumente.lubw.baden- Tag), bis die Apfelblüte den Schliffkopfgipfel wuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U96-U51-N10. erreichte. Interessanterweise begann am 3. April 2011 die Apfelblüte zum frühesten Termin seit Projektstart im Jahr 2007. Im Jahr 2012 startete sie am 10. April. In den Vorjahren kontakt Dr. Harald Gebhardt [email protected] waren es der 18. April 2010, der 12. April 2009, der 9. April 2008 und der 12. April 2007. © LUBW Signale 2013 13 Iller oberhalb Ulm Messung an der Nau bei Langenau Libelle – Pyrrhosoma nymphula Fliehen Wassertiere vor zunehmender Wärme? Die Artenvielfalt in baden-württembergischen Fließgewässern hat zugenommen. Tendenziell wandern auf dem Gewässerboden lebende Tierarten flussaufwärts in die kühleren Bäche. Artenzahl nimmt zu die Temperatur der Gewässer, so breiten sich Die LUBW betreibt ein Messnetz an Fließge- die in den Flüssen lebenden Arten auch auf Makrozoobenthos ist die Le- wässern in Baden-Württemberg, um Änderun- die Bäche aus. Dies konnte an 10 Dauermess- bensgemeinschaft der kleinen, gen der Lebensgemeinschaften, z. B. infolge stellen mit Bach-Charakter nachgewiesen wer- noch mit bloßem Auge erkenn- des Klimawandels, zu beobachten. An 30 Dau- den: Der Anteil der Fluss-Arten hat zwischen baren wirbellosen Tiere, die in erbeobachtungsstellen untersucht sie die am 1995 und 2008 im Mittel tendenziell zugenom- Gewässern das Bodensubstrat Gewässerboden lebenden wirbellosen Tierar- men. Der Anteil der Bach-Arten nimmt dage- besiedeln. ten (Makrozoobenthos). Von 1995 - 2008 wur- gen an diesen Probestellen leicht ab. Kleinere den insgesamt 619 verschiedene Arten gefun- Fließgewässer können somit zunehmend den den. Eine Probestelle an der unteren Jagst biologischen Charakter größerer Fließgewässer weist mit bisher 197 Arten die höchste Arten- annehmen. anzahl auf, während am Rhein unterhalb Mannheims nur 88 Arten festgestellt wurden. Noch überwiegen "klassische" Insgesamt nahm die Anzahl der Arten bis 2005 Bach-Arten zu, danach wieder leicht ab. Mehr als 50 Prozent der festgestellten Arten gehören zu den Insekten, die im Erwachsenen- 14 Signale 2013 © LUBW Flussaufwärts ist es kühler stadium an Land leben. Bevor sie ihre Eier im Durch die Klimaerwärmung verändern sich Gewässer ablegen, fliegen sie flussaufwärts und auch die Temperaturverhältnisse der Fließge- gleichen das durch die Strömung des Gewäs- wässer. Dies hat Einfluss darauf, wie sich Was- sers bedingte Abtreiben der Larven aus. Solche sertiere in den Bächen und Flüssen ausbreiten. so genannten „Kompensationsflüge“ führen oft In den höher gelegenen Bächen leben bevor- kilometerweit Bach aufwärts. Was die Tiere bei zugt Kälte liebende Tierarten, wohingegen diesen Flügen zum Anhalten bringt, ist weitge- Wärme tolerantere Arten eher in Flüssen vor- hend noch unbekannt. Die mit zunehmender kommen. Steigt nun durch den Klimawandel Höhenlage abnehmende Lufttemperatur kann klima Eintagsfliege – Siphlonurus croaticus Wutach oberhalb der Gauchachmündung Entwicklung der Bach- und Fluss-arten signale Aus der natur • Die Fließgewässerlebensgemeinschaften sind artenreicher 20 geworden. Prozentanteil Arten 16 • Der Klimawandel bringt die Wärme liebenden Arten dazu, 12 % Bach-Arten flussaufwärts in die ehemals % Fluss-Arten kühleren Bäche zu wandern. 8 4 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Prozentanteil Bach- und Fluss-Arten am Makrozoobenthos an 10 Probestellen mit Bach-Charakter (mit linearem Trend über Jahresmittelwerte aus je vier Beprobungen) für die Temperatur sensiblen Tiere genauso ein grund der bevorzugten Temperaturen in ver- Grund sein wie das Vorhandensein geeigneter schiedene Kategorien eingestuft werden. Als Eiablageplätze. Bioindikatoren zeigen die Tiere an, dass die Bisher ist die Veränderung hin zu Wärme lie- Temperaturen an 22 der 30 Dauerbeobach- benden Fluss-Lebensgemeinschaften ver- tungsstellen angestiegen sind, bisher allerdings gleichsweise klein. Noch werden die Bäche nur an vier Stellen statistisch gesichert. Ver- überwiegend von "klassischen" Bach-Arten be- schiedene Gewässer weisen anhand langjähri- wohnt. Der bisherige Untersuchungszeitraum ger Messungen der Wassertemperatur auch ei- ist aber recht kurz. Schreitet die Entwicklung nen Rückgang der Wärmebelastung auf. in gleichem Maße fort, werden viele Bach- Verminderte Kühlwassernutzung und ein ge- standorte in rund 70 Jahren hinsichtlich der ringerer Wärmeeintrag durch Abwasser sind dort lebenden Wassertiere die Grenze vom ursächlich. Bach zum Fluss überschreiten. WEITERE INFORMATIONEN Makrozoobenthos Trendmonitoring http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56183/ LUBW (2012): Trendbiomonitoring – Biozönotisches Langzeit-Monitoring in Gewässern Baden-Württembergs. http://www.fachdokumente.lubw.baden- Eintagsfliegen als Thermometer wuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U64-M331 Die Temperatur beeinflusst den gesamten Lebenszyklus von Lebewesen und wirkt sich darauf aus, welcher Lebensraum für sie geeignet ist und wie schnell sie wachsen. Eintagsfliegen, KONTAKT Dr. Michael Marten [email protected] Steinfliegen oder Köcherfliegen können auf© LUBW Signale 2013 15 Frachtschiffe schleppen ungewollt Tiere ein Kamberkrebs - Orconectes limosus Wenigborster – Hypania invalida Alles im Fluss: Ausbreitung gebietsfremder Wassertiere Über den Rhein-Main-Donau-Kanal gelangen viele gebietsfremde Tiere in die Flüsse. Mit dem Langzeit-Monitoring der LUBW konnten 36 dieser Kleintierarten in Baden-Württemberg aufgefunden und in ihrer Ausbreitung dokumentiert werden. Einheimische Arten wurden nur lokal verdrängt. Neue Arten aus aller Welt des Rhein-Main-Donaukanals in unsere Fluss- Die LUBW untersucht an 30 Dauerbeobach- gebiete gelangt. tungsstellen des Messnetzes „Trendbiomonito- 16 ring“ intensiv, wie sich die Lebensgemeinschaft Vorwiegend Rhein und (Biozönose) in Bach und Fluss ändert. „Neu- Neckar betroffen Neozoa sind neue (neo) Tierar- bürger“ (Neozoa) kommen zunehmend in eini- Besonders stark hat sich die Biozönose in ten (zoa), die früher in hiesigen gen Flüssen des Landes vor. Diese Neozoa sind Rhein und Neckar geändert: Hierher gelangen Ökosystemen nicht vorkamen. zumeist wirbellose Tiere, die den Gewässerbo- gebietsfremde Arten aus der unteren Donau Makrozoobenthos sind kleine den besiedeln (Makrozoobenthos). Die Wir- mit dem Ballastwasser der Schiffe über den wirbellose Tiere, die in Fließge- bellosen der Gewässer stellen ein wichtiges ar- Rhein-Main-Donau-Kanal zu uns. Im Zuge der wässern den Gewässerboden tenreiches Bindeglied zwischen den Pflanzen Ladungsaufnahme wird das Ballastwasser abge- besiedeln. als Primärproduzenten und den Fischen als lassen und damit die Neozoa in verschiedenen Endkonsumenten dar. Viele Arten sind gute Flusshäfen „angeimpft“. Von dort breiten sich Indikatoren der ökologischen Qualität der Ge- die Neozoa auf andere Flussabschnitte aus. wässer. Die 36 neuen Makrozoobenthos-Arten Während im Rhein 26 und im Neckar 28 Neo- der Monitoring-Stellen in Baden-Württemberg zoa festgestellt wurden, sind es in der oberen, stammen aus aller Welt: Sieben Arten aus Süd- nicht schiffbaren Donau in Baden-Württem- europa/Mittelmeerraum, vier aus Asien, neun berg nur vier Neozoa-Arten. Auch die Neben- aus Nordamerika, fünfzehn aus dem Kaspi- gewässer blieben bisher weitgehend von der schen und Schwarzen Meer (Pontokaspis) und Invasion verschont. Dort vorhandene Neozoa eine Art aus Neuseeland. Vier Arten wurden sind Arten, die sich im 19. Jahrhundert in bereits im 19. Jahrhundert nach Deutschland Deutschland etabliert haben. Dazu gehören eingeschleppt, andere sind erst nach Eröffnung die Wandermuschel Dreissena polymorpha, die Signale 2013 © LUBW Wasser Quaggamuschel - Dreissena rostriformis Probenaufbereitung und Analyse Spitze Blasenschnecke Physella acuta, die gammarus villosus und der Stachelflohkrebs Echi- Signale Aus der Natur: Neuseeländische Deckelschnecke Potamopyr- nogammarus ischnus die Oberhand gewonnen. Im • Massiver Eintrag von Neozoa in gus antipodarum und der Kamberkrebs Orconec- Rhein bei Karlsruhe gehörte dagegen bereits die großen Flüsse führt zum tes limosus. Dagegen ist z. B. die massiv auftre- zu Untersuchungsbeginn ein großer Anteil der Wandel der Lebensgemein- tende Quaggamuschel (Dreissena rostriformis Makrozoobenthos-Arten zu den Neozoa. schaften. bugensis) erst in den letzten acht Jahren nachge- Konkurrenzstarke Neozoa wie der Süßwasser- wiesen worden. Borstenwurm Hypania invalida und der Große • Schiffsverkehr sorgt für Trans- Höckerflohkrebs können massenhaft auftreten. port der Neozoa über weite Rasche Ausbreitung Im Rhein wurden im Laufe der Untersu- Strecken. Dank der Langzeitbeobachtung lässt sich ein chungsjahre Individuenanteile der Neozoa von charakteristischer Entwicklungsverlauf, entspre- über 80 Prozent erreicht! Bei Proben am unte- • Gefahr droht für viele seltene chend der Entfernung von der Eintragsquelle, ren Neckar gehörte jedes zweite Tier zu einer und geschützte Arten, wenn an verschiedenen Probestellen ablesen. Am dieser neuen Arten. Weitere in Baden-Würt- sich die Neozoa auch in den Restrhein bei Neuenburg zum Beispiel waren temberg vorkommende Arten sind beispiels- Zuflüssen von Rhein und zu Beginn des Trendbiomonitorings (1995) nur weise die Wollhandkrabbe Eriocheir sinensis Neckar ausbreiten. der Tiger-Strudelwurm Dugesia tigrina und die oder der Kalikokrebs Orconectes immunis, die aber Wandermuschel Dreissena polymorpha anzutref- im Rahmen dieser Untersuchungen aufgrund fen. Im Laufe der Zeit haben pontokaspische ihres eher punktuellen Vorkommens bisher Arten wie der Große Höckerflohkrebs Dikero- nicht nachgewiesen wurden. Probenahmestelle Rhein bei Maxau 40 100 Gesamtartenzahl % Neozoa-Arten 80 WEITERE INFORMATIONEN Neozoen und Neophyten 60 20 40 10 20 http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de Prozent Neozoa Gesamtartenzahl 30 /servlet/is/56168/ LUBW (2012): Trendbiomonitoring Biozönotisches Langzeit-Monitoring in Gewässern Baden-Württembergs. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U64-M331 0 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 KONTAKT Dr. Michael Marten Gesamtartenentwicklung und Prozentanteil von Neozoa-Arten mit Trendlinien [email protected] © LUBW Signale 2013 17 Ehemaliges Gaswerk in Geislingen an der Steige Untersuchung einer Wasserprobe im Labor Analyse von Wasserproben vor Ort Teeröle im Grundwasser jetzt besser zu bewerten Unter Mitwirkung der LUBW wurden neue Schadkriterien für wasserlösliche Teeröl-Komponenten erarbeitet. Bei Grundwasser-Verunreinigungen mit diesen Schadstoffen kann dadurch besser bewertet werden, ob eine Sanierung notwendig ist. 18 Altlasten anhand von im Teer enthaltenen ca. 10 000 Schadstoffe ana- Leitsubstanzen bewerten lysieren. Deshalb einigte sich die LAWA nach Produktionsabfälle aus der Kohlechemie und umfangreichen Recherchen auf die Untersu- Verunreinigungen des Grund- der Erzeugung von Stadtgas sind auch mehr als chung von 92 prioritären Stoffen. wassers sind dann geringfügig, 40 Jahre nach der Stilllegung der meisten Gas- wenn sie nicht ökotoxisch sind werke immer noch weit verbreitet und bedro- Schwellen der Verunreinigung und die Anforderungen der hen das Grundwasser als Trinkwasser-Ressour- In der anerkannten Bewertungspraxis gilt die Trinkwasserverordnung einhal- ce. Ein Unterausschuss der Bund-Länder-Ar‑ GFS als Maß für eine Grundwasser-Verunreini- ten. beitsgemeinschaft Wasser (LAWA) erarbeitete gung. Sie bildet die Grenze zwischen einer ge- unter Beteiligung der LUBW 2009/2010 Ge- ringfügigen Veränderung der chemischen Be- ringfügigkeitsschwellen (GFS) für Grundwas- schaffenheit des Grundwassers und einer serverunreinigungen mit wasserlöslichen Teer- schädlichen Verunreinigung. Unterhalb der öl-Inhaltsstoffen. Wenn diese mindestens ein Schwelle sind, trotz einer Erhöhung gegenüber Fremdatom wie Stickstoff, Schwefel oder Sau- regionalen Hintergrundwerten, keine ökotoxi- erstoff in den ringförmigen Kohlenwasserstoff- schen Wirkungen zu erwarten. Auch die An- Molekülen enthalten (NSO-Heterozyklen), er- forderungen der Trinkwasserverordnung oder höht sich die Wasserlöslichkeit der Stoffe und entsprechend abgeleitete Werte werden einge- verändert sich ihr toxikologisches Profil. Aus halten. der erhöhten Löslichkeit kann sich auch eine Mit den GFS soll das Grundwasser überall für größere Reichweite und räumliche Verbreitung den menschlichen Gebrauch als Trinkwasser im Grundwasserabstrom ergeben: Nur mit un- nutzbar bleiben und als Lebensraum intakt ge- verhältnismäßig großem Aufwand lassen sich halten werden. Sollten bei der Trinkbarkeit Teer-Kontaminationen in einer Altlast auf alle und bei den ökotoxikologischen Kriterien un- Signale 2013 © LUBW Wasser Teer im Boden Sanierung von Altlasten Geringfügigkeitsschwellen signale Aus der natur • Für zwölf Schadstoffe aus Teerölen wurden neue GeringfügigA. Beurteilung der gesundheitlichen/ ästhetischen Wirkung nach (sinkende Priorität) 1. Grenzwert der TrinkwV 2. in Anlehnung an TrinkwV B. Beurteilung der ökotoxischen Wirkung nach (sinkende Priorität) 1. Umweltqualitätsnorm 2. anderen ökotox. Daten keitsschwellen (GFS) erarbeitet. • Damit kann bei Altlasten Kleinerer Wert schneller entschieden werden, ob eine Sanierung notwendig ja Wert abgeleitet nach A.1 oder B.1 ? nein nein ist. Wert < 0,01 µg/l? ja ja Nachgewiesene Wirkung < 0,01 µg/l? nein GFS = Wert GFS = 0,01 µg/l Ableitungsschema für Geringfügigkeitsschwellen (GFS) nach LAWA (2004) terschiedliche Werte abgeleitet werden, soll stützen konnte, wurde das Ergebnis mit Hilfe der niedrigere Wert als GFS festgelegt werden. des Konzepts der gesundheitlichen Orientie- Die GFS von Stoffen, die derzeit noch nicht rungswerte (GOW = Obergrenze des gesund- abschließend zu bewerten sind, sollen nach un- heitlichen Vorsorgebereiches) des Umweltbun- ten auf 0,01 Mikrogramm pro Liter begrenzt desamtes von 2003 geprüft. Als Ergebnis der http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de werden. Recherche und Bewertung der Daten konnten /servlet/is/1208/ fast alle Substanzen weniger streng bewertet WEITERE INFORMATIONEN LUBW (2012): Teeröle im Grundwasser Zwölf neue GFS-Werte erarbeitet werden als ursprünglich vorgeschlagen. Für die jetzt besser bewertbar - Neue bundesweit Die Experten recherchierten Daten zur öko- mangels toxikologischer Daten nicht bewertba- gültige Beurteilungswerte. und humantoxikologischen Bewertung und zur ren Stoffe soll weiterhin der Summenwert für sensorischen Wahrnehmungsschwelle der o. g. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 92 prioritären Stoffe. Nach der Bewertungsvor- (PAK) gelten, von denen einige Krebs erre- schrift der LAWA von 2004 konnten für zwölf gend sind. Damit wird auch hierfür ein ausrei- ausreichend getestete Stoffe GFS-Werte abge- chendes Schutzniveau für das Grundwasser- Dr. Theo von der Trenck leitet werden. In Fällen, in denen sich eine Ökosystem und die Trinkwasser-Ressource [email protected] GFS nur auf eine ökotoxikologische Bewertung erreicht. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U12-S02-N11 KONTAKT © LUBW Signale 2013 19 Nitrophytische Flechtenarten Chaenotheca furfuracea Flechtenbewuchs auf Buchen Bessere Luft lässt Flechten gedeihen Flechten sind wichtige Bioindikatoren für die Luftgüte. Im Laufe der Jahre nahm die Zahl der verschiedenen Flechtenarten insgesamt und besonders auch die der seltenen Arten zu. Dabei hat sich auch die Zahl Wärme liebender Arten allein zwischen 1996 und 2009 verdoppelt. 20 Flechten zeigen Luftgüte an als Bioindikatoren an den Wald-Dauerbeob- Flechten reagieren sehr empfindlich auf Verän- achtungsflächen (DBF) des Landes von der Flechten entstehen durch die derungen der Luftfeuchte und der Luftinhalts- LUBW kartiert und ausgewertet. Symbiose eines Pilzes mit ei- stoffe. Daher untersuchen Wissenschaftler be- ner Alge. sonders die auf Baumrinden lebenden Flech- Flechtenzahlen nehmen zu ten, wenn sie die Luftqualität und Umweltbe- Die Zahl der Flechtenarten insgesamt hat an dingungen an einem Standort bewerten den Wald-DBF im Laufe der Jahre stetig zuge- wollen. Die Krustenflechte Lecanora conizaeoi- nommen. Im Jahr 2009 wurden 171 Flechtenar- des war in den 1980er Jahren in den vom „Sau- ten auf nur 30 Flächen kartiert, während es ren Regen“ besonders betroffenen Gebieten 1996 (2002) lediglich 127 (131) Arten auf je- oft die einzige Flechte, die nicht nur überleben weils 60 Flächen waren. Auch die Flechten, die konnte, sondern sogar durch die schwefelhalti- gegenüber hohen Stickoxidgehalten in der Luft gen Niederschläge gefördert wurde. Sie gilt tolerant sind, die nitrophytischen Flechten, ha- deshalb als so genannter Säurezeiger. Seit Mitte ben zugenommen. Seit der Untersuchung in der 1990er Jahre ist diese Krustenflechte durch 1996 sind aber auch 29 Arten nicht mehr ge- die Entschwefelung der Abgase in ganz Baden- funden worden. Demgegenüber ist die Zunah- Württemberg so stark auf dem Rückzug, dass me seltener Arten als positive Entwicklung zu sie an vielen Standorten nicht mehr gefunden werten. Zehn der neu gefundenen Arten gel- wurde. ten als „vom Aussterben bedroht“, eine galt Seit Mitte der 1980er Jahre werden Flechten sogar als „ausgestorben oder verschollen“. Signale 2013 © LUBW Luft Zählgitter zur Flechtenerhebung Xanthoria polycarpa Flechten-Bonitätsstufen signale Aus der natur • Die Zunahme von Flechtenar100 Bonitätsstufe (Artenzahl*/Wald-DBF) ten zeigt eine Verbesserung der Luftqualität im Land. IV (<5) Häufigkeit der Bonitätsstufen (%) 80 III (6-12) 60 II (13-20) Ib (21-30) 40 • Klimawandel hat die Flechtenvielfalt erhöht. Weitere Arten mit atlantischem oder mediterranem Verbreitungsschwerpunkt werden erwartet. Ia (>30) * ohne resistente (säureoder stickstofftolerante) Arten 20 0 1986 1991 1996 2002 2009 Zeitliche Veränderung der Flechten-Bonitätsstufen von 1986 bis 2009 (30 Wald-Standorte) Luft meistens besser KLIMAINDIKATOREN Mehr Flechtenarten stehen in der Regel für Flechten reagieren auf Temperatur, mehr noch eine geringere Schadstoffbelastung der Luft. aber auf die Luftfeuchtigkeit. Deshalb kommen Demnach hat sich die Luftqualität an 18 von zum Beispiel in den kühl-feuchten Höhenla- 30 Standorten im Jahr 2009 gegenüber 2002 gen des Schwarzwaldes naturgemäß mehr Ar- WEITERE INFORMATIONEN verbessert. Die Flächen mit den schlechtesten ten vor, als in den wärmeren, aber auch trocke- Flechten in Baden-Württemberg Bonitätsstufen (IV) liegen im Rheintal, im neren Tieflagen des Rheintales. Im Zuge der http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de Odenwald und in Stuttgart. Seit 1996 hat sich Zunahme der Flechtenarten im Land hat sich die Zahl der Standorte mit der besten Boni- auch die Zahl atlantischer und mediterraner LUBW [Hrsg.] (2010): Flechtenerhebung tätsstufe (Ia) verfünffacht. Standorte mit der Arten deutlich erhöht. Offen bleibt, ob dies an Wald-Dauerbeobachtungsflächen in schlechtesten Bonitätsstufe wurden 2009 erst- eine ausschließliche Folge des Klimawandels mals nicht mehr nachgewiesen. ist. /servlet/is/56142/ Baden-Württemberg – Kartierung 2009 und Auswertung der Erhebungen von 1986 bis 2009 (Bearb.: Stapper, N. J.). http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U51-M312-J09 KONTAKT Kay Rahtkens [email protected] © LUBW Signale 2013 21 Bioindikator Buchenblatt Waldreiches Baden-Württemberg Buchenwaldstandort bei Bebenhausen Buchenblätter: mehr Stickstoff, weniger Schadstoffe Während die mittleren Stickstoffkonzentrationen in Buchenblättern im Wald anstiegen, gingen die Bleigehalte bei Pflanzenproben aus Wald- und Grünland deutlich zurück. Bei den Schwefelgehalten zeigt sich für den Wald kein einheitlicher Trend. Nähr- und Schadstoffe den Pflanzen mehr wachstumsfördernder Stick- Die LUBW untersucht seit 1985 auf Wald- stoff zur Verfügung. Die drei Standorte mit den Viele Schadstoffe werden über Dauerbeobachtungsflächen (DBF) und Grün- höchsten Werten in 2011 sind: Tauberbischofs- den Luftpfad eingetragen. Zu- land-DBF Pflanzenproben auf verschiedene heim: 32 500 mg N/kg TS; Welzheim: 29 250 nächst verursachten Blei und Nährstoffe und Schwermetalle. Zunächst wur- mg N/kg TS; Zwiefalten: 29 150 mg N/kg TS. Schwefel massive Umweltpro- den die Proben regelmäßig auf die Schwerme- Das Plus an Stickstoff kann die Artenzusam- bleme. Jetzt belasten u. a. talle Blei, Cadmium, Zink sowie Mangan analy- mensetzung in nährstoffarmen Ökosystemen Stickoxide Luft und Lebewe- siert. Später kamen die Elemente Arsen, mittel- bis langfristig verändern. sen. Antimon, Eisen, Kobalt, Chrom, Kupfer, Nickel, Vanadium, Titan und Quecksilber hinzu. SCHWEFEL IN BUCHENBLÄTTERN Ziel ist es, die regionale Immissionsbelastung Die allgemeine, immissionsbedingte Schwefel- der Vegetation auf den DBF zu charakterisie- belastung hat sich im Laufe der 1990er Jahre ren. deutlich verringert. Dies ist auf internationale und nationale Luftreinhaltestrategien sowie Steigende Stickstoffgehalte auf den wirtschaftlichen Umbruch in Mittel- An allen Wald-Standorten sind die Stickstoff- und Osteuropa zurückzuführen. In Baden- konzentrationen in Buchenblättern zwischen Württemberg kann auf den Waldstandorten der ersten und der letzten Erhebung angestie- ein geringfügiger Anstieg auf das Niveau Mitte gen, im Durchschnitt um rund 16 Prozent. der 1980er Jahre festgestellt werden. Damit er- Trotz allgemein abnehmender Stickoxidemis- geben sich andere Verhältnisse als im Grün- sionen können die immer noch hohen anthro- land. Dort lässt sich ein Rückgang der Schwe- pogen bedingten Gehalte in der Luft zu einer feldepositionen nachweisen. Anreicherung im Boden führen. Dadurch steht 22 Signale 2013 © LUBW 0,0 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 Pb (mg/kg TS) TS) S (mg/kg 2500 2000 3,0 1500 2,0 1000 Luft 500 Buschwindröschen, Vorbereitung zur Blattanalyse 1,0ein typischer Waldbewohner 0 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 0,0 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 Pb (mg/kg TS) N (mg/kg TS) Stickstoff in BuchenBlättern 34000 32000 6,0 30000 28000 26000 4,0 24000 22000 20000 2,0 18000 0,0 signale Aus der natur Mittlere Gehalte und Streubreite von Stickstoff in Buchenblättern (in mg/kg Trockensubstanz, 14 Standorte) • Die Stickstoffkonzentrationen stiegen in Buchenblättern in allen Landesteilen an. • Bleigehalte in den Pflanzen sind infolge der Einführung 1991 1993 1996 2000 2004 bleifreier Kraftstoffe deutlich 2011 zurückgegangen. 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 Schwefel in BuchenBlättern • Rückgang der immissionsbeMittlere Gehalte und Streubreite von Schwefel in Buchenblättern (in mg/kg Trockensubstanz, 14 Standorte) 2500 S (mg/kg Pb (mg/kg TS)TS) Pb (mg/kg TS) 3,0 3,0 2000 Blei in BuchenBlättern dingten Schwefelkonzentrationen ist im Grünland nachweisbar. 1500 2,02,0 1000 500 1,0 1,0 0 0,00,0 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 1986 19861988 19881991 19911993 19931996 1996 2000 2000 2004 2004 2011 Blei in BuchenBlättern N (mg/kg Pb (mg/kg TS) TS) Pb (mg/kg TS) 34000 32000 6,06,0 30000 28000 4,04,0 26000 24000 22000 2,02,0 20000 18000 1991 1993 1996 2000 2004 2011 0,00,0 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 Mittlere Gehalte und Streubreite von Blei in Buchenblättern (in mg/kg Trockensubstanz, 14 Standorte) WEITERE INFORMATIONEN Monitoring Waldökosysteme http://www.lubw.baden-wuerttemberg. de/servlet/is/56449/ LUBW [Hrsg.] (2009): Analyse der Vegetationsentwicklung im Wald von 1985 bis 2500 Weniger Blei 2500 2007 (Bearb.: Holz, I. et al.). S (mg/kg TS) S (mg/kg TS) 2000 Zwischen ab. Die Bleigehalte in den Buchenblättern sind 2000 1988 und 2011 ging der Bleigehalt in 1500 den Pflanzenproben der Wald-DBF stark zuan allen Standorten um über 90 Prozent zu1500 1000 rück.1000 Anfang der 1990er Jahre wurden noch rückgegangen. Vielfach liegen die Werte 2011 500 hohe 500 Konzentrationen dieses Schwermetalls in jetzt unterhalb der Bestimmungsgrenze. Dies 0 den Pflanzen nachgewiesen. Danach sanken war in den 1980er und 1990er Jahren nicht der 0 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 1986 1988 1991 1993 1996 2000 2004 2011 die Immissionsbelastungen aufgrund des Ver- Fall. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U51-M32-J08. KONTAKT Dr. Jürgen Zipperle [email protected] botes von Blei in Kraftstoffen kontinuierlich g TS) /kg TS) 34000 34000 32000 32000 30000 28000 30000 © LUBW Signale 2013 23 Saurer Regen beeinträchtigt Ökosysteme Versauerter Bach im Schwarzwald pH-Wert-Messung von Bachwasser Der Regen ist nur noch halb so sauer Die durch den „Sauren Regen" verursachten Umweltschäden sind dank umfassender Luftreinhaltemaßnahmen seit Mitte der 1980er Jahre deutlich zurückgegangen. Böden und Gewässer sind heute viel weniger von der Versauerung betroffen. Versauerung von Böden und Säureeinträge werden vor allem durch weiter- Gewässern hin hohe Stickstoffemissionen aus Verkehr, In- Die Versauerung der Umwelt war in den dustrie und Landwirtschaft verursacht. Der pH-Wert ist ein Maß für 1980er und 1990er Jahren eines der großen den Säuregehalt einer wässri- Umweltthemen. Deshalb wurden Ursachen Fröschen und Forellen geht es gen Lösung. Je saurer eine Lö- und Ausmaß der atmosphärischen Säureeinträ- besser sung, umso niedriger ist der ge und ihre Auswirkungen auf Organismen er- In den 1980er Jahren schadete die anthropoge- Wert. Aluminium-Toxizität wird fasst. Die LUBW hat die Ergebnisse landesweit ne Gewässerversauerung den Amphibien, be- hervorgerufen durch freie Alu- für besonders versauerungsgefährdete Gebiete sonders in ohnehin schon von der Natur aus medienübergreifend ausgewertet. Als Bioindi- sauren Gewässern. Seit Mitte der 1990er Jahre eines pH-Wertes von 4,2 katoren für Seen und Flüsse untersuchen die sind die Schäden, beispielsweise an Laich und kommt es zu einer verstärkten Experten Bachforellen, Amphibien und wirbel- Larven des Grasfrosches, in fast allen unter- lose Wassertiere (Makrozoobenthos). suchten Schwarzwaldseen deutlich zurückge- minium-Ionen (Al3+). Mobilisierung von Unterhalb Al3+ in Bö- gangen. Außerdem wurden im Jahr 2012 erst- den und zum Austrag in Gewässer. 24 Signale 2013 © LUBW Säureeinträge halbiert mals wieder in ehemals stark sauren Seen (u. a. Die atmosphärischen Säureeinträge haben sich Schurmsee, Kaltenbachsee, Buhlbachsee) in Baden-Württemberg in den letzten 25 Jah- wieder Populationen der Erdkröte, der säure- ren im Mittel von 2,0 auf 1,0 Kilomol Säure- empfindlichsten Amphibienart, nachgewiesen. äquivalent je Hektar und Jahr halbiert. In Folge Auch den Bachforellen in den Fließgewässern ist der pH-Wert im Niederschlag von pH 4,6 geht es 2012 besser. Heute leben in acht von bis auf circa pH 5 gestiegen. Hauptsursache da- elf untersuchten Bächen in den versauerungs- für sind drastisch verringerte Schwefeldioxid- gefährdeten Gebieten mehr Bachforellen als in Emissionen. Die vom Menschen erzeugten den Jahren bis 1995, meist in einer gesunden Luft Säuregeschädigte Bachforelle Entwicklungsstadien der Bachforelle (vom Ei zum Jungtier) Mischung alter und junger Fische. Im Kalten- wirken wird, muss in den Folgejahren unter- signale Aus der natur bach im Nordschwarzwald gibt es aufgrund sucht werden. Die Aluminiumgehalte liegen • Die Säureeinträge haben sich von Versauerung keine Bachforellen mehr. jedoch weit unterhalb der Werte aus der An- in den letzten 25 Jahren hal- Auch in den beiden untersuchten Odenwald- fangszeit der Untersuchungen. Die Verbesse- biert. Folge: Verbesserung der bächen (Steinbach, Bärenbach) waren die rung der Fließgewässersituation wird auch Lebensraumqualität. Die Stick- Bachforellenpopulationen in den 1980er durch die Zunahme von säureempfindlichen stoffeinträge sind jedoch wei- Jahren durch Versauerung beeinträchtigt. Bis Arten des Makrozoobenthos bestätigt. Mit den terhin zu hoch. 2006 verstärkte sich dieser Trend. Im Untersu- Befunden aus den Untersuchungen mit Regen- chungsjahr 2012 hat sich die Bestandssituation würmern wird ebenso ein Rückgang der Ver- verbessert. sauerung in Waldböden belegt. Besonders toxisch auf Fische wirken Alumini- • Fisch- und Amphibienbestände zeigen einen Trend zur Erholung. um-Ionen, die sich bei niedrigen pH-Werten in Saure GrundwÄsser eher selten sauren Böden lösen und nach Starkregen oder Natürlich saure Böden und anthropogen ver- während der Schneeschmelze vermehrt in die stärkt versauerte Grundwässer mit pH-Werten Grundwässer treten noch ver- Gewässer gelangen. Im Nordschwarzwald kor- < 6,5 treten in schwach gepufferten Gebieten im einzelt im Nordschwarzwald respondiert bis 2006 die Erholung der Bachfo- Schwarzwald und Odenwald auf. Diese machen und im Odenwald auf. rellenpopulationen mit einer deutlichen Ab- rund 20 Prozent der Landesfläche aus. Seit Mitte nahme der Aluminiumgehalte in den Fisch- der 1990er Jahre wurden extrem niedrige pH- lebern. Im Jahr 2012 wurde ein Anstieg der Werte erheblich seltener gemessen. Die Versau- Aluminiumgehalte in den Fischlebern festge- erungssituation hat sich damit stabilisiert. • Anthropogen versauerte stellt. Ob sich dies auf die Populationen aus- Al (mg/kg TS) Metallbelastung von Bachforellen 200 175 150 125 100 75 50 25 0 Mittlere Aluminiumgehalte und deren Minimum-/Maximum-Werte (Spannweite, Mittelwerte) in Lebern von Bachforellen (4 Bäche des Nord- und des Mittleren Schwarzwaldes mit 5 Fischen pro Bach und Jahr; TS = Trockensubstanz) WEITERE INFORMATIONEN Versauerung in Baden-Württemberg http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de 1987 1995 2000 2006 /servlet/is/56177/ 2012 LUBW (2010): Bericht zur Versauerung Entwicklung der Altersstruktur Individuen pro 200 m Bachlänge 40 30 20 der Umwelt. Entwicklung der Bachforellenpopulation im Wälzbach/Nordschwarzwald juvenil subadult adult juvenil = jugendliche Individuen, subadult = halbwüchsige Individuen, adult = erwachsene Individuen http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U93-S1-J09 KONTAKT juvenil subadult adult 92 1995 2000 2006 2012 10 Kay Rahtkens [email protected] 0 1987 1990 1992 1995 2000 2006 2012 © LUBW Signale 2013 25 Schimmelpilz Aspergillus Schimmelpilz Cladosporium Luftprobennahme Schimmelpilze Gesundheitsrisiko durch Bioaerosole? Bioaerosole sind luftgetragene Teilchen biologischer Herkunft, die zum Beispiel von Abfallverwertungsanlagen frei gesetzt werden können. Um mögliche Gesundheitsrisiken durch Bioaerosole bewerten zu können, müssen Messverfahren entwickelt werden. Vorkommen und Wirkungen mit der Entfernung von der Anlage sinkenden Bioaerosole biologischer Herkunft wie Schim- Konzentrationen spielen vor allem Allergie- melpilze, Bakterien und Viren sind natürliche risiken für die Anwohner eine Rolle. Gesund- Bestandteile der Luft. Das Größenspektrum heitsrisiken von Bioaerosolen können bisher dieser biologischen Teilchen reicht von weni- nicht quantitativ eingeschätzt werden. Somit Bioaerosole sind unter ande- ger als 1 Mikrometer (μm) bis etwa 10 μm. gibt es keine gesundheitlich begründeten rem lebende oder tote Mikro- Bioaerosole sind damit Feinstaub. Vor allem Grenzwerte. Deshalb wird derzeit eine Richtli- organismen wie Viren, Bakteri- Schimmelpilze und Bakterien spielen eine we- nie zur umweltmedizinischen Bewertung von en, Pilze/Hefen, Blütenpollen sentliche Rolle im Stoffkreislauf, beim Abbau Bioaerosol-Immissionen unter Mitwirkung der oder Sporen. organischen Materials. LUBW erarbeitet. Gesundheitliche Auswirkungen sind vor allem 26 Signale 2013 © LUBW bei Beschäftigten in der Kompostierung und Messverfahren für Bioaerosole Recyclingwirtschaft sowie in der Intensiv-Land- Die LUBW ist seit Jahren an der Standardisie- wirtschaft bekannt. Die Erkrankungen betref- rung von Messverfahren für Bioaerosole betei- fen vorwiegend die Atemwege (z. B. „Farmer- ligt. Seit 2003 nimmt die LUBW mit diesen lunge“) und reichen von entzündlichen Verfahren Hintergrundmessungen vorwiegend Reizsymptomen oder Einschränkungen der zu Schimmelpilzen vor. Weitere Untersuchun- Lungenfunktion über Allergien bis hin zu In- gen werden beispielsweise zur Frage nach Leit- fektionen. keimen an bestimmten Anlagentypen der Ab- Beschwerden über Geruchsbelästigungen in fall- und Recyclingwirtschaft wie Altpapier, der Umgebung solcher Anlagen führten zur Holzverwertung oder Wertstoffsortierung Frage, ob Bioaerosole auch für die Anwohner durchgeführt. Ein Projekt, in dem für ausge- gesundheitliche Folgen haben können. Bei den wählte Anlagen solche Leitkeime ermittelt Luft Schimmelpilz Penicillium Schimmelpilz Eurotium werden konnten, hat die LUBW im Frühjahr Vergleich zum zeitgleich gemessenen Hinter- signale Aus der natur 2011 abgeschlossen. grund bewertet werden. • Anlagen der Abfallwirtschaft und der Intensivtierhaltung Starke jahreszeitliche Variation Leitkeime können vermehrt Bioaerosole Die während mehrerer Jahre durchgeführten Für einige Anlagentypen wurden bereits be- freisetzen. Messungen zeigten, dass Schimmelpilzkonzen- stimmte Leitkeime identifiziert, die typischer- trationen in den Sommer- und Herbstmonaten weise bei Prozessen in diesen Anlagen ver- bis zu drei Größenordnungen höher sein kön- mehrt vorkommen. So ist zum Beispiel für Gesundheitsbeeinträchtigun- nen als im Winter. Weiterhin war zu beobach- Kompostierungsanlagen die Schimmelpilzart gen wie Allergien ergeben. ten, dass diese erhöhte Konzentration in der Aspergillus fumigatus zu nennen. Bei Tierhal- Hintergrundluft ganz überwiegend an dem ver- tungsanlagen ist als Bakterien-Leitkeim Staphy- • Als Grundlage für die umwelt- mehrten Auftreten bestimmter Schimmelpilze lococcus aureus bekannt. Für viele auch neu ent- medizinische Bewertung wer- (Gattung Cladosporium) liegt, während andere stehende Anlagentypen wie im Bereich des den anlagenspezifische „Leit- Gattungen und Spezies das ganze Jahr über Recycling oder der Gewinnung erneuerbarer keime“ gesucht. kaum Konzentrationsunterschiede aufweisen. Energien aus Reststoffen hat die Suche nach Aufgrund der jahreszeitlichen Variationen kön- spezifischen und eventuell gesundheitlich rele- nen Bioaerosolmessungen an Anlagen nur im vanten Leitparametern für die Beurteilung der • Für Anwohner können sich Außenluftbelastung aber erst begonnen. Konzentrationen von drei Schimmelpilzgattungen Koloniebildende Einheiten (KBE)/m³ 6,0E +3 5,0E +3 4,0E +3 WEITERE INFORMATIONEN Bioaerosolmonitoring 3,0E +3 http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56163/ 2,0E +3 LUBW (2011): Monitoring Bioaerosole 1,0E +3 2009/2010. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ 0 März Aspergillus Mai Juli Cladosporium Oktober ID Umweltbeobachtung U43-S03-J10 Penicillium KONTAKT Konzentrationen von drei Schimmelpilzgattungen in der Außenluft an einem Hintergrundmessort (Rheinmessstation Karlsruhe Maxau) an ausgewählten jahreszeitlichen Terminen in 2007 - 2009. Mittelwerte aus zwei oder drei parallel genommenen 24-Stunden-Proben. Messdaten aus den Jahren 2007 - 2009 Dr. Irene Tesseraux [email protected] © LUBW Signale 2013 27 Unpigmentierte Springschwänze Versauerter Waldoberboden Isotoma tigrina Springschwänze reagieren auf Umweltveränderungen Neben Regenwürmern sind auch Springschwänze wichtig für die Humusbildung. Beide Tiergruppen reagieren sensibel auf Umweltveränderungen. An den untersuchten Waldstandorten nahm seit Mitte der 1980er Jahre die Anzahl der Springschwanz-Arten zu. Bodentiere als Bioindikatoren mit abnehmender Tendenz (Weinheim, Eine der individuen- und artenreichsten Tier- Hausach, Freiburg). Vor allem im Sommer und gruppen im Boden sind die Springschwänze Herbst des sehr trockenen Jahres 2003 sind an (Collembola). An 18 von 1986 bis 2011 unter- mehr als der Hälfte der Standorte deutlich ge- suchten Wald-Dauerbeobachtungsflächen ringere Individuendichten festgestellt worden. (Wald-DBF) wurden 138 Collembolen-Arten Die Anzahl der Collembolen-Arten schwankt Springschwänze (Collembola) nachgewiesen. Mit ihrer Ernährungsweise spie- in Abhängigkeit von den standörtlichen Bedin- sind kleine bis wenige Millime- len Springschwänze eine große Rolle für die gungen. Im Laufe der Zeit wurden fast überall ter große, im Boden lebende Humusbildung. Mit ökologischen Zeigerwer- höhere Artenzahlen festgestellt. Tiere. Sie ernähren sich von ab- ten der Arten für Temperatur, Säure- und Die Zunahme von Individuendichten und Ar- gestorbenem Pflanzenmaterial Nährstoffzustand der Böden können Rück- tenzahlen pro Standort deutet auf eine grund- und Pilzen. schlüsse auf Umweltveränderungen gezogen sätzliche Verbesserung der Lebensbedingungen werden. in Böden hin, die zwischenzeitliche Abnahme im Jahr 2003 auf Trockenstress. MEHR SPRINGSCHWÄNZE 28 Signale 2013 © LUBW Die Untersuchungsergebnisse weisen Gemein- SPRINGSCHWÄNZE ZEIGEN RÜCK- schaften von Springschwänzen mit Individuen- GANG DER VERSAUERUNG AN dichten zwischen wenigen tausend und annä- Zunehmend mildere Winter können zu Ver- hernd 100 000 Tieren pro Quadratmeter aus. änderungen der Bodentiergemeinschaften An vielen Standorten sind die Individuendich- führen. Jedoch zeigt der häufigkeitsgewichte- ten 2011 deutlich höher als zu Beginn der Un- te Wärmeindex für Collembolen im Untersu- tersuchungsreihen; es gibt auch Probestellen chungszeitraum noch keine Änderung der Ar- Boden Springschwanzextraktion Ende der Extraktion Bioindikation mit Springschwänzen signale Aus der natur den haben sich für Spring10 schwänze verbessert. 9 8 • Springschwänze haben in 7 3 Arten- und Gesamtzahl zugenommen. 2 1 • Indikatoren belegen den Rück- 0 3 gang der Versauerung der Bö- 2 den. 1 0 3 2 11 09 07 20 20 05 20 03 20 01 20 99 20 19 95 19 97 93 19 19 91 89 19 19 87 0 19 NährstoffIndex SäureIndex TemperaturIndex 5-JahresTemperaturmittel • Die Lebensbedingungen in Bö- Gewichtete Zeiger-Werte von Collembolen. Mittelwerte aus 18 Wald-DBF von 1986 bis 2011 im Vergleich zur Lufttemperaturentwicklung. Die Standardabweichung gibt die Streubreite zwischen den Standorten an. Mittlere Jahreslufttemperatur mit Streubreite über fünf Jahre (Daten DWD) WEITERE INFORMATIONEN Bodenfauna Baden-Württemberg http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56185/ LUBW [Hrsg.] (2012): Collembolen an tengemeinschaft an. Bisher sind allerdings erst Beginn der Untersuchungsreihe im Mittel der wenige Wärme liebende Arten in den Wald- Probestellen an. Damit weist die Bewertung den-Württemberg (Bearb.: Griegel, A.). böden nachgewiesen worden. eine Verringerung des Säuregrades der Wald- http://www.fachdokumente.lubw.baden- In den 1980er und 1990er Jahren waren auch böden aus. Auch der Nährstoffindex zeigt ei- Bodentiere von der natürlichen und anthro- nen leichten Anstieg in Richtung nährstoffrei- pogenen „Versauerung“ der Umwelt betroffen. cher Bodenverhältnisse. Einige Springschwanz-Arten ertragen Säure- Wald-Dauerbeobachtungsflächen in Ba- wuerttemberg.de/servlet/is/91063 ID Umweltbeobachtung U74-M316-J11 LUBW [Hrsg.] (2007): Collembolen an Wald-Dauerbeobachtungsflächen in Baden-Württemberg (Bearb.: Balkenhohl, stress schlechter (acidophobe Arten), andere B. & D. Russell). besser (acidophile Arten). Nach wie vor kom- http://www.fachdokumente.lubw.baden- men in den versauerungsgefährdeten Gebie- wuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U74-M316-J07 ten des Schwarzwaldes und Odenwaldes deutlich mehr acidophile (6 bis 9 Arten) als acidophobe Arten (1 bis 3 Arten) vor. In den KONTAKT Dr. Michael Marten [email protected] anderen Regionen ist das Verhältnis ausge- Kay Rahtkens glichener. Insgesamt steigt der berechnete [email protected] Index für die Säurezeiger der Collembolen zu © LUBW Signale 2013 29 Bodenprofil mit Regenwurm Lumbricus castaneus Regenwurmbestimmung Lebensraumqualität von Waldböden verbessert Die Schwermetallgehalte von Regenwürmern in Waldböden waren in den versauerungsgefährdeten Gebieten des Schwarzwaldes in den 1980er Jahren deutlich höher als heute. In diesen Gebieten hat es eine Verbesserung der Lebensraumqualität gegeben. Der Klimawandel kann die Regenwurmfauna zukünftig beeinträchtigen. Bioindikator Regenwurm 958 mg Pb/kg und knapp 30 mg Cd/kg. Zum Die LUBW untersucht Regenwürmer schon einen dominieren hier Böden und Ausgangsge- seit Mitte der 1980er Jahre. Die Bodentiere steine, die Säuren schlecht abpuffern können. Gesundheitsschädliche nehmen Schadstoffe wie Schwermetalle aus Zum anderen sind in dieser Region die Nie- Schwermetalle sind unter an- dem Boden auf. Mit Hilfe der Regenwurmart derschläge und damit Säureeinträge überdurch- derem Cadmium, Blei, Chrom, Lumbricus rubellus wird die Toxizität aktueller schnittlich hoch. Quecksilber und Kupfer. Schwermetallgehalte im Boden bewertet. Die Für Blei werden auch heute noch die höchsten Schadstoffe reichern sich jedoch nur in Tieren Gehalte in den Regenwürmern der versaue- an, die in sauren und sehr sauren Böden leben, rungsgefährdeten Gebiete des Schwarzwaldes da Schwermetalle erst bei niedrigen pH-Werten und des Odenwaldes gemessen. Diese Werte in stärkerem Ausmaß verfügbar sind. liegen in der Regel deutlich niedriger als zu Beginn der Untersuchungen. Die Bleigehalte 30 Signale 2013 © LUBW Schwermetalle in Waldböden dieser Regionen sind nach wie vor um ein Viel- Die ersten landesweiten Untersuchungen aus faches höher als in anderen Landesteilen. den Jahren 1985/1986 zeigten eine große Varia- In Deutschland gibt es etwa 40 Regenwurmar- tion an Schwermetallgehalten auf den Wald- ten. Auf den Wald-DBF kommen durchschnitt- Dauerbeobachtungsflächen (Wald-DBF). Die lich nur drei bis fünf Arten vor. Die Regen- mit Abstand höchsten Blei- und Cadmiumge- wurmart Lumbricus rubellus lebt überwiegend an halte enthielten die Regenwürmer im Schwarz- der Oberfläche. Andere Arten leben aus- wald und im Odenwald sowie in Teilen des schließlich im Mineralboden, z. T. in dauerhaf- Keuperberglandes mit Maximalgehalten von ten Röhren. Fällt einer der sogenannten ökolo- Boden Kokons von Regenwurmarten Regenwurm bei Kotablage ,, gischen Typen aus, kann sich mittel- bis lang- und haben weniger Verluste durch Frost. Dage- signale Aus der natur fristig der Boden verdichten. Dies hat starke gen schaden ihnen die wärmeren und meist • Die Belastung von Regenwür- Auswirkungen auf den Boden als Lebensraum. auch trockeneren Sommer. Schon jetzt haben mern mit Schwermetallen hat trockene Standorte eine geringere Regenwurm- in den 1980er und 1990er Jah- Trockene Jahre schaden den population. Besonders ungünstig sind extreme ren deutlich abgenommen. Würmern Sommer wie 2003. Sehr nachteilig wären zwei Eine Studie im Auftrag der LUBW im Jahr extrem trockene Jahre in Folge. Dies könnte zu • Der Klimawandel wird die Re- 2008 ergab, dass sich der Klimawandel auf einem weitgehenden Ausfall der Regenwürmer genwurmlebensgemeinschaften Regenwürmer auswirken kann. Bei milderen an vielen Standorten führen. Eine Wiederbe- regional unterschiedlich beein- Wintern können die Würmer länger aktiv sein siedelung würde viele Jahre benötigen. flussen. BLEIGEHALTE in Regenwürmern WEITERE INFORMATIONEN Bodenfauna Baden-Württemberg http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56185/ LUBW [Hrsg.]. (2008): Auswirkungen des Klimawandels auf die Regenwürmer Baden-Württembergs (Bearb.: Ehrmann, O.). http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U13-M315-N08 KONTAKT Kay Rahtkens [email protected] Entwicklung der Bleigehalte in Regenwürmern an 20 Wald-DBF von 1985 - 2010 © LUBW Signale 2013 31 Beifuß-Ambrosie in Vollblüte Allergiegefahr durch Ambrosiapollen Ambrosiapflanze aus Vogelfutter Ausbreitung der Allergie auslösenden Beifuß-Ambrosie Der globale Warenaustausch und der Klimawandel fördern Ansiedlung und Ausbreitung gebietsfremder Pflanzenarten wie der Beifuß-Ambrosie. Ihre Pollen können Allergien und Asthma auslösen. Gesundheitliche Risiken häufig als Unkraut in landwirtschaftlichen Kul- Die Pollen der um 1860 von Nordamerika nach turen vor. Zudem werden Ambrosiasamen Deutschland eingeschleppten Beifuß-Ambrosie durch verunreinigten Kompost und Erdaushub (Ambrosia artemisiifolia) weisen ein hohes aller- verbreitet. Der Umschlag von Agrarprodukten genes Potenzial auf. In Deutschland sind 15,7 sowie der Transport der Samen entlang von Prozent der Bevölkerung gegenüber Ambrosia- Verkehrswegen tragen ebenfalls zu einer Ver- pollen anfällig. Da die Pflanze erst spät im Jahr breitung der Pflanze bei. Hinzu kommt, dass Aufgrund von Erfahrungen in bis zum Frostbeginn blüht, kann sich die Lei- der Klimawandel zu einer verlängerten Vegeta- Ländern mit verbreitetem Am- denszeit für Allergiker erheblich verlängern. tionsperiode führt. Dies erhöht die Vitalität brosiaaufkommen verursacht Andere Pollenallergieauslöser sind zu dieser und Reproduktivität der Art deutlich. Erst mit die Pflanze vor allem Heu- Jahreszeit bereits verblüht. In Norditalien hat dem Einsetzen von Frösten wird die Samenrei- schnupfen und Asthma, aber sich die Pflanze in den letzten 20 Jahren rasch fung bei der frostempfindlichen Pflanze unter- auch allergische Hautreaktio- ausgebreitet und ist inzwischen einer der bunden. Es ist davon auszugehen, dass sich die nen. Hauptauslöser für inhalative Pollenallergien. Beifuß-Ambrosie in Baden-Württemberg weiter rasant ausbreitet, wenn sie nicht bekämpft BeifuSS-Ambrosie breitet wird. Dadurch könnten innerhalb von zehn sich aus Jahren Bestandsgrößen und ähnlich hohe Pol- Die LUBW hat festgestellt, dass sich die Bei- lenemissionen wie in Norditalien auftreten. fuß-Ambrosie in Baden-Württemberg in den 32 Signale 2013 © LUBW letzten beiden Jahrzehnten ausbreitet. Dies Bekämpfung ist mühsam hängt hauptsächlich mit der Einfuhr von mit In Deutschland existiert keine verbindliche Ambrosiasamen verunreinigtem Vogelfutter zu- Rechtsgrundlage für die Bekämpfung der Bei- sammen, u. a. aus Ungarn, Rumänien und fuß-Ambrosie wie z. B. in der Schweiz. Die Be- Kroatien. Dort kommt die Beifuß-Ambrosie kämpfung wird meist freiwillig von kommuna- pflanzen Ambrosia als Unkraut in Getreide Bekämpfung von Jungpflanzen len und staatlichen Stellen oder von privater dafür jedoch einer Ausnahmegenehmigung. signale Aus der natur Seite vorgenommen. Zur Bekämpfung der Bei- Neben der Bekämpfung der Pflanzen ist der • Die Beifuß-Ambrosie breitet fuß-Ambrosie muss vorrangig die Blühphase Import von verunreinigtem Tierfutter für Vö- sich im Land vor allem durch und der damit verbundene Export der Allergie gel und Kleinsäuger zu unterbinden. verunreinigtes Vogelfutter aus. auslösenden Pollen in die Umwelt verhindert Die LUBW beobachtet nicht nur die Ausbrei- werden. Gleichzeitig wird dadurch auch die Sa- tung der Pflanzen im Land, sondern dokumen- menbildung unterbunden, die die Ursache für tiert auch die Erfolge bei der Bekämpfung. So der Bevölkerung zukünftig ver- die Ansiedlung und Expansion von Ambrosia- konnte die Beifuß-Ambrosie beispielsweise auf mehrt zu erwarten. pflanzen-Beständen ist. Die Bekämpfung er- ehemals stark befallenen Flächen im Karlsru- folgt durch mechanische Maßnahmen wie Aus- her und Freiburger Raum zurückgedrängt wer- reißen, Mahd und Umbruch. In einzelnen den. Zur Information der Öffentlichkeit hat gen Erfolge und müssen ver- Fällen werden die Pflanzen auch durch Herbi- die LUBW eine Meldestelle eingerichtet. stärkt fortgeführt werden. Karlsruhe Karlsruhe Stuttgart Stuttgart Tübingen Tübingen • Allergische Reaktionen sind in • Bekämpfungsmaßnahmen zei- zide bekämpft. In Siedlungsgebieten bedarf es Freiburg ambrosia artemisiifolia fundmeldungen 2007 - 2010 B B o d e n s e BW, LUBW Grundlage: © LGL e 0 10 20 en/Fundort 30 40 50 0 10 20 30 40 50 o d e n s e e km km 100 Pflanzen/Fundort bisbis 100 Pflanzen/Fundort über 100 Pflanzen/Fundort über 100 Pflanzen/Fundort über 100 Pflanzen/Fundort Karlsruhe Stuttgart WEITERE INFORMATIONEN Ambrosia http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/26311/ Tübingen LUBW, LGA, SM & UM (2007): AmbrosiaPflanzen - Ursache für die Zunahme von Allergien? http://www.fachdokumente.lubw.baden- Freiburg wuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U10-U91-N07 B Grundlage: © LGL BW, LUBW 0 10 20 30 40 50 o d e n s e e km KONTAKT Dr. Harald Gebhardt [email protected] Vorkommen von Ambrosia in den Stadt- und Landkreisen bis 100artemisiifolia Pflanzen/Fundort über 100Baden-Württembergs Pflanzen/Fundort © LUBW Signale 2013 33 Rapsfelder bei Geislingen Raps gehört zu den Kreuzblütengewächsen Rapsernte Keinen transgenen Raps gefunden Durch Importe, Freisetzungsversuche sowie Saatgutkontaminationen und aufgrund des hohen Verwilderungspotenzials von Raps können sich gentechnisch veränderte Rapspflanzen auf Ruderal-Standorten ansiedeln. Bisher wurde in Baden-Württemberg auf diesen Standorten kein transgener Raps nachgewiesen. 34 Ausbreitung auch ohne Anbau Auch in Deutschland möglich Im Jahr 2010 betrug der Anteil von Raps-Sor- In der Vergangenheit wurden in Deutschland ten mit gentechnischer Veränderung weltweit Freisetzungsstudien mit gentechnisch veränder- Ruderalflächen bezeichnen 22 Prozent der gesamten Rapsanbaufläche. In tem Raps durchgeführt. Da Rapssamen im Bo- Standorte mit steinigem, Deutschland dürfen gentechnisch veränderte den lange überdauern können, sind auch Jahre humusarmem Untergrund wie Rapssorten landwirtschaftlich nicht angebaut nach einer Freisetzung noch gentechnisch ver- Kiesplätze, Wegränder oder werden, jedoch ist der Import von Samen zur änderte Rapspflanzen in der Umwelt zu finden. Schutthalden. Weiterverarbeitung erlaubt. Das Beispiel Japan Daneben kann konventioneller Raps mit Sa- zeigt allerdings, dass für gentechnisch veränder- men von gentechnisch veränderten Rapspflan- ten Raps Möglichkeiten zur Ausbreitung beste- zen kontaminiert sein. Nicht zuletzt können hen. In Ländern wie Japan dürfen transgene bei der Einfuhr und dem Weitertransport von Rapssorten nicht angebaut werden, jedoch ist gentechnisch verändertem Raps Transportver- der Import erlaubt. luste auftreten. Möglich ist auch, dass sich gen- Studien belegen, dass in Japan 90 Prozent des technisch veränderter Raps mit nicht transge- Rapses auf Ruderal-Standorten (Straßenränder, nen Kultur- und Wildarten der Gattung Schutthalden etc.) sowie in Hafennähe trans- Brassica kreuzt und mit dem veränderten Erb- gene Eigenschaften aufweisen. gut fortpflanzt. Signale 2013 © LUBW pflanzen Rapsaufwuchs an Verladestation Vorbereitung zur Analyse Untersuchung im Land standorte mit Ruderal- signale Aus der natur Die LUBW untersuchte im Jahr 2009 gemein- rapspopulationen 2012 • Bisher wurde kein gentech- sam mit der Universität Hohenheim die Aus- nisch veränderter Raps auf breitung von transgenem Raps entlang von Ruderal-Standorten im Land Transportwegen in Baden-Württemberg. Vor gefunden. allem wurden Hafen- und Industriegebiete so- ( ! ( ! ! ( ( ! ( ! ( ! wie Bahnstreckenanlagen entlang des Neckars ! ( ( ! • Besonders die Umschlagplätze ( ! ! ( ( ! auf das Vorkommen von Raps an Ruderal- Karlsruhe und Transportwege von impor- ! ( ( ! Standorten überprüft. Besonders berücksichtigt tiertem Rapssamen sind weiter ( ! ( ! wurden auch Standorte von Ölmühlen, Siloan- ! ( (Stuttgart ! ( ! ( ! ! ( ( ! lagen und Anlagen landwirtschaftlicher Genos- ( ! ( ! zu beobachten. Tübingen senschaften, da hier Populationen von Ausfallbzw. Ruderalraps am ehesten zu erwarten sind. Jüngste Untersuchungen in der Schweiz bele- Freiburg gen, dass sich transgener Raps ausbreiten und B etablieren kann, ohne dass ein Anbau stattgefunden hat. Im Jahr 2012 wurden deswegen in Grundlage: © LGL BW, LUBW 0 10 20 30 40 50 o d e n s e e km Kooperation mit den unteren Landwirtschaftsbehörden zusätzliche Standorte untersucht. Probestellen im Rhein-Neckar-Einzugsgebiet Schnelltests geben Entwarnung Weiter beobachten Die Blattproben können mit Schnelltests auf Trotzdem sollten die Umschlagplätze und eine gentechnisch erzeugte Herbizidtoleranz Transportwege von importiertem Rapssamen untersucht werden. Die Überprüfung der weiter beobachtet werden, da Verluste auch Rapspopulationen auf transgene Eigenschaften zukünftig nicht ausgeschlossen werden kön- mittels dieser Schnelltests erwies sich als geeig- nen. Das Auftauchen von anderen transgenen nete Screening-Methode. Zusätzlich wurden Samen im Handel wie beispielsweise gentech- die Befunde mit molekularbiologischen Me- nisch verändertem Lein (Linum usitatissmum) thoden (PCR) überprüft. Weder mit den zeigt, dass sich das Monitoring von gentech- Schnelltests noch mit der Methode der PCR nisch veränderten Pflanzen nicht nur auf Raps wurden bisher an den beprobten Standorten beschränken darf. gentechnisch veränderte Rapspflanzen gefun- WEITERE INFORMATIONEN Gentechnisch veränderte Organismen http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56178/ LUBW (2009): Untersuchungen zur Ausbreitung von herbizid-tolerantem Raps mittels GVO Schnelltests (Bearb.: Franzaring, J. et al.). http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U53-S06-J09 den. KONTAKT Dr. Jürgen Zipperle [email protected] © LUBW Signale 2013 35 Grünlandfläche auf der Schwäbischen Alb Artenreiches Extensivgrünland Grünlandpflege durch Schafbeweidung Pflanzenvielfalt im extensiv genutzten Grünland Den größten Einfluss auf den Artenreichtum und die Diversität der Grünlandvegetation haben Pflegemaßnahmen wie das Mähen und das Entfernen von Büschen. Wirkungen von Stickstoffemissionen sind eher rückläufig. Auch der Klimawandel wirkt sich bisher kaum aus. 36 Artenreichtum und ökologische prägt. So haben bodensaure Standorte wie die Zeigerwerte DBF Kappelberg, Rohrhardsberg und Rauhe Die LUBW untersucht seit 25 Jahren Grün- Wiese wesentlich weniger Arten als die basen- land-Dauerbeobachtungsflächen (DBF) in Na- reichen Standorte Hörnekapf, Dellenhäule und turschutzgebieten. Zentrale Fragen sind: Ändert Apfelberg. Neben dem Artenreichtum werden sich die Artenzusammensetzung der Pflanzen- die ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg gesellschaften langfristig und welche Faktoren ausgewertet. Die ökologischen Zeigerwerte sind dafür verantwortlich? klassifizieren mitteleuropäische Schwerpunkt der Untersuchungen auf den DBF GroSSer Einfluss der Pflege Pflanzenarten nach ihrem öko- bilden vegetationskundliche Aufnahmen an 18 Die mittlere Lichtzahl aller Grünland-DBF liegt logischen „Verhalten“ und bo- Standorten. Die meisten Beobachtungsflächen zwischen 6 (Halbschatten-/Halblichtpflanze) tanischen Eigenschaften. Um- liegen im Schwarzwald und auf der Schwäbi- und 8 (Halblicht-/Volllichtpflanze). Die Licht- gekehrt lässt sich ein Standort schen Alb. Vor allem gemähte bzw. beweidete zahl steigt im Mittel der 13 durchgehend be- über das Vorkommen be- Kalk-Halbtrockenrasen und bodensaure Mager- probten Flächen im Lauf der Untersuchungen stimmter Pflanzenarten charak- rasen wurden untersucht. Magerrasen können signifikant an. Der Grund ist häufig eine Entbu- terisieren. Für Licht, Tempera- auf wenigen Quadratmetern bis über 70 ver- schung und das Pflegen der Säume. Dadurch tur, Kontinentalität, Reaktion, schiedene Pflanzenarten aufweisen. Während nehmen die Deckungsgrade von lichtbedürfti- Feuchte und Stickstoff sind die die artenreichen Wiesen lange Zeit als Neben- gen Arten zu. Pflanzen an offenen, sonnigen Pflanzen mit Bewertungszah- produkt einer traditionellen, extensiven Bewirt- Standorten (hoher L-Wert) haben meist auch len zwischen 1 und 9 einge- schaftung entstanden, werden sie heute durch einen höheren Temperatur-Wert. stuft. extensive Nutzung und gezielte Pflegemaßnah- Die mittleren Temperaturzahlen der einzelnen men gefördert. Die natürliche Vielfalt ist in den DBF zwischen 3 (Kühlezeiger) und 6 (Mäßig- Gründlandgesellschaften unterschiedlich ausge- wärmezeiger/Wärmezeiger) spiegeln das Stand- Signale 2013 © LUBW pflanzen Konventionelle Grünlandbewirtschaftung Grünlandflächen prägen das Landschaftsbild Grünland unter der Lupe signale Aus der natur 10 den Pflanzenartenreichtum 9 stärker als Stoffeinträge und Klimawandel. 8 7 6 • An den Grünland-DBF erhöhen sich tendenziell die mittle- 5 ren Licht- und Temperaturwer4 8 te. Die mittleren Kontinentalitäts- und Nährstoffwerte sind 7 rückläufig. 6 5 4 3 5 4 3 4 WEITERE INFORMATIONEN 3 Dauerbeobachtung Grünlandökosysteme 10 20 08 20 06 20 04 20 02 20 00 20 98 19 96 19 94 19 92 19 19 19 90 2 88 StickstoffIndex FeuchteIndex Kontinentalitäts-Index LichtIndex TemperaturIndex 5-Jahrestemperaturmittel • Pflegemaßnahmen beeinflussen http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56168/ LUBW [Hrsg.] (2008): Vegetationsent- Gewichtete Ellenberg-Indices im Mittel von 13 Grünland-DBF im Vergleich zum gleitenden 5-Jahrestemperaturmittel. Die Standardabweichung gibt die Streubreite zwischen den Standorten an. Mittlere Jahreslufttemperatur mit Streubreite über fünf Jahre (Daten DWD) wicklung im Grünland von 1985 bis 2006 (Bearb.: Holz, I. et al.). http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U51-M31-J08. ortspektrum von warmen bis kühlen Standor- ten mit ozeanischer Verbreitung basiert. Geän- ten wider. Auffallend sind Trends zur Zunahme derte mikroklimatische Bedingungen können der Temperaturzahl z. B. an der DBF Falkenhal- auch auf das Entfernen von Gehölzen zurück- de sowie ein leichter Trend zur Abnahme an zuführen sein (DBF Kaiserberg). Die mittlere anderen Flächen wie DBF Büchelberg. Im Mit- Feuchtezahl liegt zwischen 3 (Trockniszeiger) tel steigen die Temperaturzahlen signifikant und 7 (Feuchtezeiger). Ebenso wurde ein leicht an. Die mittlere Kontinentalitätszahl vari- schwacher Trend für eine Abnahme der Nähr- iert zwischen 2 (ozeanisch) und 5 (subozea- stoffzahl (Stickstoff) beobachtet. nisch/subkontinental). Die Kontinentalitätszahl ist auf den verschiedenen Standorten überwie- LUBW (2012): Vegetationsentwicklung an Grünland-Dauerbeobachtungsflächen in Baden-Württemberg – Bioindikatoren mit Zeigerwerten nach Ellenberg für die Jahre 1988 bis 2010. ID Umweltbeobachtung U51–M31–N10. KONTAKT Dr. Michael Marten [email protected] Dr. Jürgen Zipperle [email protected] gend gesunken, was auf einer Zunahme der Ar© LUBW Signale 2013 37 Buchenwaldaspekt Waldmeister - typischer Vertreter der Krautschicht Sturmeinwirkung in Buchenbestand Wenig Änderung in der Krautschicht des Waldes Die LUBW untersucht seit den 1980er Jahren die Waldvegetation auf immissions- und auf klimabedingte Veränderungen. Bislang sind Auswirkungen des Klimawandels kaum feststellbar. 38 Standortfaktoren sind Ökologische Zeigerwerte entscheidend Veränderungen in der Vegetation werden Repräsentativ für die Naturräume Baden-Würt- durch die mittleren ökologischen Zeigerwerte tembergs werden an 21 Wald-Dauerbeobach- nach Ellenberg beschrieben werden. So wird tungsflächen (Wald-DBF) langfristig immissi- die mittlere Lichtzahl der Krautschicht von der ons- und klimabedingte Veränderungen unter- Beschattung durch Baum- und Strauchschicht Das Bestandesklima prägt das sucht. Buchen-, Eichen-Hainbuchen- und Tan- bestimmt. Änderungen der mittleren Lichtzahl bodennahe Klima bis in zwei nenwälder stehen hierbei im Fokus. Pflanzen- deuten auf ein verändertes Lichtklima des Be- Meter Höhe. Das hat beson- arten und -gesellschaften stellen sich auf die standes hin. Im Mittel der untersuchten Wald- ders auf niedrige Gräser und jeweiligen Standortbedingungen ein. Boden- DBF ist die Lichtzahl leicht gefallen (Signifi- Kräuter starke Auswirkungen. saure Buchenwälder weisen oft eine geringe kanz 90 %), die Baumbestände sind dichter Wenn nach Stürmen weniger Artenzahl und Deckung in der Moos-, Kraut- geworden (Kronenschluss). Die meisten Wald- Bäume vorhanden sind, dringt und Strauchschicht auf. Dagegen haben Ei- DBF haben eine mittlere Temperaturzahl von mehr Licht und damit Wärme chen-Hainbuchen-Wälder an basen- und nähr- 5, typisch für submontane und montane Lagen auf den Waldboden. stoffreichen, frischen Standorten häufig eine in Mitteleuropa. Die Temperaturkennzahlen sehr ausgeprägte Kraut- und Strauchschicht. sind in Wärme begünstigten Lagen wie dem Die Krautvegetation der Waldstandorte ist Rheintal und dem Bodenseeraum höher. Eine durch die Baum- und Strauchschicht gegen klimabedingte Veränderung der Temperatur- Witterungseinflüsse abgepuffert. Alte Waldbe- zahl ist weder in Wärme begünstigten Tiefla- stände können daher ein eigenes Bestandeskli- gen, noch in Höhenlagen signifikant. ma ausbilden, das durch Kronenauflichtung Die Kontinentalitätszahl beschreibt einen kli- gestört und meist mit einer Zunahme der De- matischen Gradienten, ansteigend von ozea- ckung von Strauch- und Krautschicht beant- nisch bis kontinental. An den Wald-DBF weist wortet wird. die Kontinentalitätszahl im Mittel die stärksten Signale 2013 © LUBW Pflanzen Krautschichtaspekt Licht steuert Pflanzenwachstum Zeigereigenschaften der Krautschicht signale Aus der natur gen die Stabilität der Kraut- 10 schicht der untersuchten Wald- 9 ökosysteme. 8 7 6 • Eindeutige Auswirkungen des 5 Klimawandels auf die Vegetation des Waldbodens sind bis- 4 5 lang nicht feststellbar. 4 3 5 • Geänderte Lichtverhältnisse im 4 Sturmeinwirkung) können ein- 3 zelne Standorte maßgeblich be- 2 einflussen. 20 11 09 20 07 20 05 20 03 20 01 20 9 19 9 7 19 9 19 9 19 9 5 Bestand (u. a. Auflichtung nach 3 KontinentalitätsIndex LichtIndex Temperatur- 5-JahrestemIndex peraturmittel • Ökologische Zeigerwerte bele- WEITERE INFORMATIONEN Gewichtete Ellenberg-Indices im Mittel von 21 Wald-DBF mit Standardabweichung im Vergleich zum gleitenden 5-Jahrestemperaturmittel. Die Standardabweichung gibt die Streubreite zwischen den Standorten an. Mittlere Jahreslufttemperatur mit Streubreite über fünf Jahre (Daten DWD) Veränderungen auf. Mit 95 % Signifikanz wird Waldökosystemen mit den vergleichsweise lan- zunehmend ozeanischer Einfluss ausgewiesen. gen Generationszeiten der Bäume erst bei wei- Die mittlere Feuchtezahl der meisten Flächen teren Klimaänderungen zu erwarten. fällt in die Kategorie 5 (Frischezeiger). Jene für Dauerbeobachtung Waldökosysteme http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56170/ LUBW [Hrsg.] (2009): Analyse der Vegetationsentwicklung von 1985 bis 2007/ (Bearb.: Holz, I. et al.). http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U92-M30-J09. den Säuregrad (Reaktion) und für die Nähr- VERÄNDERUNGEN DURCH stoffversorgung (Stickstoff) weisen je nach EXTREMEREIGNISSE LUBW (2012): Vegetationsentwicklung an Standort große Unterschiede auf. Die häufig- Bisher konnten starke Veränderungen an den Wald-Dauerbeobachtungsflächen in Ba- keitsgewichteten und über die 21 Wald-DBF Wald-DBF nur festgestellt werden, wenn sie gemittelten Zeigerzahlen für Feuchte, Stickstoff durch Extremereignisse, wie z. B. Sturmwurf, 1987 bis 2011. und Reaktion bleiben über die 20 Beobach- betroffen waren. Sturmwurf bringt veränderte http://www.fachdokumente.lubw.baden- tungsjahre sehr stabil. Lichtverhältnisse mit sich. Kraut- und Strauch- In der Entwicklung der einzelnen Wald-DBF schicht verändern sich. Dadurch ändert sich in lassen sich maßgebliche Einflüsse von Immissi- der Regel nicht nur der Wert für die Lichtzahl, onen oder des Klimawandels bisher nicht er- sondern auch die anderen Zeigerwerte. den-Württemberg – Bioindikation mit Zeigerwerten nach Ellenberg für die Jahre wuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U51-M32-N11 KONTAKT Dr. Michael Marten [email protected] kennen. Auch die Biodiversität der Waldbe- Dr. Jürgen Zipperle stände ändert sich kaum. Nachhaltige Aus- [email protected] wirkungen von Umweltveränderungen sind in © LUBW Signale 2013 39 Bioindikator Wanderfalke Intaktes Gelege des Wanderfalken Falkenpaar mit Jungen Vogeleier spiegeln langlebige Umwelt-Gifte Der am Ende der Nahrungskette stehende Wanderfalke ist ein idealer Bioindikator. In seinen Eiern konzentrieren sich schwer abbaubare Gifte. Was den Greifvogel an den Rand des Aussterbens brachte, nutzen Wissenschaftler als Warndienst für Mensch und Umwelt. 40 Polychlorierte Biphenyle (PCB) Monitoring mit Falkeneiern abgesammelt werden, auf organische Schadstof- schädigen als komplexe Mi- In Vogeleiern spiegelt sich die Belastung der fe untersuchen. Aus dieser Zusammenarbeit ist schung nach verschiedenen Umwelt mit fettlöslichen Schadstoffen, die als das einzige im terrestrischen Ökosystem durch- Mechanismen Embryonen, die langlebig oder persistent bekannt sind. Der Or- geführte POP-Monitoring in Baden-Württem- Leber, das Immun- und das ganismus kann diese nicht abbauen. Zu sol- berg entstanden. Hormonsystem. chen Stoffen gehören die Organohalogen-Ver- Signale 2013 © LUBW bindungen, kurz POPs (persistent organic Pestizid-Belastung gesunken pollutants) genannt. In Deutschland sind diese Von 1971 bis 1990 sank die Belastung mit dem „Dauergifte“ schon seit den 1970er Jahren ver- Pestizidrückstand DDE. Entsprechend normali- boten. Seit 2004 werden POPs international sierte sich der Bruterfolg der Vögel. DDE stört geächtet (Stockholmer Konvention). Die Ver- den Kalzium-Stoffwechsel, was zu dünnen, zer- tragsstaaten sind zur Ergreifung konkreter Maß- brechlichen Eischalen führt. Der ausbleibende nahmen verpflichtet. Um die Verbote in terres- Bruterfolg ist ein Grund für das Aussterben trischen Ökosystemen zu überwachen, ist das des Wanderfalken in den meisten Gegenden Vogelei-Monitoring die Methode der Wahl. Deutschlands. Mehr als Meisen, Dohlen und Eulen ist der am Trotz immer noch kritischer DDE-Gehalte hat Ende der Nahrungskette stehende Wanderfal- sich seine Population in Baden-Württemberg ke mit POPs belastet. Daher ist der Greifvogel wieder erholt. Andere Chlorpestizide sind auf- der beste Indikator. grund der Verbote in den 1970er Jahren heute Seit 1999 lässt die LUBW abgestorbene Eier, wesentlich weniger verbreitet und erreichen in die beim Beringen junger Wanderfalken durch den Wanderfalkeneiern unter ein Prozent des ehrenamtlich tätige Vogelschützer des NABU DDE-Gehaltes. tiere Wirkungsbezogene Vogeleianalytik Wanderfalke im Fokus PCB und Quecksilber Entwarnung gegeben werden, 93 weitere Stoffe Signale Aus der Natur Trotz des positiven Trends sind die Ergebnisse wurden nachgewiesen. •Wanderfalkeneier sind gute des Monitorings noch immer Besorgnis erre- Bioindikatoren für langlebige gend. Die Wanderfalkeneier enthalten u. a. die Regionaler Vergleich bekannt hochgiftigen PCB und „Dioxine“, die Bis 2003 sind Falkeneier aus dem Nordwesten aus Industrieprozessen und -produkten stam- des Landes und aus den Mittelgebirgslagen •POPs sind zurückgegangen men, und das in einer für die Tiere direkt stärker mit DDE belastet. Die einen aufgrund aber immer noch Besorgnis schädlichen Menge. Die Kontamination von der Besiedlungsdichte, die anderen aufgrund erregend hoch nachweisbar. Falkeneiern mit dem giftigen Cocktail liegt der Höhenlage. Denn persistente Stoffe vertei- z. T. in dem Bereich, in dem beim Haushuhn len sich per Ferntransport global und reichern der Bruterfolg dramatisch zurückgeht. Außer- sich durch Ausfrieren an den Polen und in Ge- dem enthielten Falkeneier regelmäßig Queck- birgsregionen an. Die DDE-Befunde wurden silber in so hohen Konzentrationen, dass von für die Jahre 2004 - 2009 bestätigt. PCB dage- einer schädlichen Wirkung auf die Brut ausge- gen stammen überwiegend aus den regionalen gangen werden muss. Für 84 Verdachtsstoffe Ballungsgebieten und Industriestandorten, we- wie nichtchlorierte Pestizide kann dagegen niger aus dem Ferntransport. Organohalogenverbindungen. DDE in Wanderfalkeneiern < 6,4 6,4 - 8,0 WEITERE INFORMATIONEN 8,1 - 13,2 Falkeneimonitoring 13,3 - 17,0 http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de 17,1 - 25,4 /servlet/is/56143/ Karlsruhe Schilling, F. & P. Wegner (2001): Der WanStuttgart derfalke in der DDT-Ära. Ulmer, StuttgartHohenheim. Tübingen LUBW (2012): Warndienst Wanderfalke Vogeleier spiegeln langlebige Umweltgifte. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ Freiburg ID Umweltbeobachtung U52-M341-N11. B Grundlage: © LGL BW, LUBW 0 10 20 30 40 50 o d e n s e e km KONTAKT Dr. Theo von der Trenck [email protected] DDE in Wanderfalkeneiern (µg/g Trockensubstanz). Belastung verschiedener Regionen Baden-Württembergs in den Jahren 2001 - 2003 © LUBW Signale 2013 41 Bioindikator Regenwurm Waldboden unter der Lupe Untersuchungsfläche bei Künzelsau Mit Regenwürmern Schwermetalle bewerten Zu hohe Metallgehalte können Bodenlebewesen schädigen. Die Empfindlichkeit von Regenwürmern dient der LUBW als Maßstab für die Toxizität der mobilen Schwermetallgehalte in Waldböden. Gemessen an dieser Toxizitätsskala sind die Gehalte ungefährlich. Weniger Regenwürmer bei mehr Verschieden giftige Metalle Schwermetallen Die Konzentrationen, bei denen schädliche Die Ökotoxikologie befasst Essentielle Schwermetalle (Chrom, Eisen, Kup- Veränderungen eintreten (Wirkungsschwellen), sich mit den Auswirkungen fer, Nickel, Zink) sind in Spuren für physiolo- können für einzelne Stoffe in Labor und Frei- von Stoffen auf Lebewesen. gische Funktionen notwendig. Im Übermaß land bestimmt werden. So reagieren Regenwür- können sie bei Bodenorganismen schädliche mer am wenigsten auf Zink, am stärksten auf Veränderungen an Organen, ihrem Verhalten Chromat. Die chronische Toxizität für Regen- und ihrer Populationsdynamik bewirken. Dies würmer steigt wie folgt an: Zink (Zn) < Blei gilt auch für Regenwürmer. Noch Jahrzehnte (Pb) < Nickel (Ni) < Cadmium (Cd) < Kupfer nach dem Einsatz von Kupferfungiziden zur (Cu) < Chromat (CrVI). Die akute Toxizität Pilzbekämpfung im Wein- oder Hopfenanbau, (tödliche Wirkung bei kurzzeitiger Belastung) können die durch das verbliebene Kupfer kon- ergibt dagegen eine andere Reihenfolge: Pb < taminierten Böden deutlich weniger Regen- Zn < Cd < Ni < Cu < CrVI. In beiden Reihen würmer als üblich enthalten. Die LUBW prüf- ist Chromat am giftigsten für Regenwürmer. te anhand von Toxizitätsdaten für den Regen- wurm und Analysendaten für Böden der Wald- Sonderfall Chrom Dauerbeobachtungsflächen (DBF), ob diese Chrom kann in verschiedenen Oxidationsstu- noch ihre Lebensraumfunktion erfüllen kön- fen auftreten. Bewertungsrelevant ist sechswer- nen. tiges Chrom (Chromat), da es typisch für vom Menschen verursachte Bodenbelastungen und 42 Signale 2013 © LUBW tiere Vorbereitung zur Analyse Waldböden können Schwermetalle speichern signale Aus der natur Ökotoxikologische Bewertung der Bodenbelastung • Die Belastung mit mobilen Schwermetallen der untersuch- 4 2 0 -2 -4 -6 0,0 0,1 0,2 Cu (mob) (mg/kg TS) 4 2 0 -2 -4 -6 4 2 0 -2 -4 -6 0,0 0,05 0,10 0,15 Cd (mob) (mg/kg TS) 6 ten Wald-DBF liegt durchweg 4 im unbedenklichen Hinter- 2 grundbereich. 0 -2 • Beim Blei ist noch eine geringe -4 -6 0,0 0,4 0,8 1,2 Ni (mob) (mg/kg TS) Restbelastung aus der Vergangenheit erkennbar. 6 Bewertungsindex (r) Bewertungsindex (r) 6 Bewertungsindex (r) 6 Bewertungsindex (r) Bewertungsindex (r) 6 0 4 8 12 Zn (mob) (mg/kg TS) 4 2 0 -2 -4 -6 0 5 10 15 Pb (mob) (mg/kg TS) Ökotoxikologische Bewertung der Bodenbelastung mit Cu, Cd, Ni, Zn und Pb mit dem Bewertungs-Index r. (r entspricht 0 für den Mittelwert des bodenbildenden Ausgangsgesteins und 4 für die Toxizitätsschwelle von Regenwürmern) - Hintergrundbereich: grün, Besorgnisbereich: gelb, Toleranzbereich: orange). wesentlich toxischer als dreiwertiges Chrom den Bewertungsindex der Waldflächen in Ab- (CrIII) ist. Chromat kommt in unbelasteten hängigkeit vom Gehalt an mobilem Kupfer, Böden lediglich in Spuren vor. Die für eine Cadmium, Nickel, Zink und Blei im Oberbo- vollständige Bewertung des Chromats notwen- den dar. Die für die Regenwürmer relevanten dige Hintergrundkonzentration fehlt, weil bis- Schwellenwerte (Bewertungsindex = 4, Über- her nur die Gehalte an Gesamtchrom im Bo- gang von gelb nach orange) werden in jedem den bestimmt wurden. Trotzdem kann auch für Fall deutlich unterschritten. Die Metallgehalte Chromat das Vorliegen unschädlicher Konzen- streuen gleichmäßig um die Nulllinie (Hinter- trationen festgestellt werden. grundbelastung). Nur Blei liegt mit seinem Schwerpunkt leicht über Null. Dies wurde ver- Waldböden gering belastet mutlich durch die Emissionen des früher noch Die Bewertung der mobilen Metallgehalte auf bleihaltigen Benzins verursacht. Auch die Blei- den Wald-DBF in 2003 ergab, dass die Böden Konzentration bleibt jedoch mindestens um mit allen sechs untersuchten Schwermetallen den Faktor 7 unter der Wirkungsschwelle im nur minimal belastet sind. Die Abbildung stellt chronischen Toxizitätstest mit Regenwürmern. WEITERE INFORMATIONEN Bodenfauna http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56185/ LUBW (2006): Schwermetalle in Regenwürmern Baden-Württembergs. Dokumentation zum Ergebnisbericht. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U74-M315-J00 KONTAKT Dr. Theo von der Trenck [email protected] © LUBW Signale 2013 43 Mülldeponien bergen auch gefährliche Abfälle Abfall Testverfahren zur Toxizitätsbestimmung Gefährlich oder nicht – das ist beim Abfall oft die Frage Wie und wo Abfälle gelagert werden, muss nach deren Gefährlichkeit für Mensch und Umwelt entschieden werden. Für die schnelle und kostengünstige Prüfung der Gefährlichkeit von Abfall fehlten bislang geeignete Bewertungsverfahren. Hier hat die LUBW Abhilfe geschaffen. Gefährlichkeitskriterium den Organismen. Es muss dabei nicht nach „H14–ökotoxisch“ einzelnen Giftstoffen gesucht werden, sondern Ob ein Abfallstoff als gefährlich gilt oder nicht, es genügt die Bestimmung der gesamttoxi- Mit dem H14-Kriterium werden wird in einer Richtlinie der EU beschrieben. 14 schen Wirkung des Abfalls. Damit die ökotoxi- Abfälle bewertet, von denen Kriterien geben darüber Auskunft, ob der Ab- kologischen Testverfahren in der Praxis einsetz- unmittelbare oder mittelbare fall beispielsweise in eine Sondermüllbehand- bar sind, sollten sie standardisiert, reproduzier- Gefahren für einen oder meh- lung gebracht werden muss oder nicht. Für die bar, routinetauglich und wirtschaftlich sein. rere Umweltbereiche ausge- meisten dieser Kriterien gibt es geeignete Prüf- Dabei reicht ein einzelnes Verfahren nicht aus. hen können. verfahren, nicht jedoch für das Kriterium Es sollte eine Kombination von Testverfahren „H14-ökotoxisch“, also gefährlich für Mensch sein, die Organismen der unterschiedlichen und Umwelt. Die LUBW wurde deshalb vom Trophie-Ebenen beinhalten. Im biologischen baden-württembergischen Umweltministerium und chemischen Labor der LUBW wurden ver- beauftragt, eine Methode mit ökotoxikologi- schiedene Proben von Abfällen mehreren Bio- schen Testverfahren zu entwickeln, mit der ver- testverfahren unterzogen und chemisch analy- schiedene Arten von Abfall schnell und kos- siert. Um die Schadstoffe in den Abfallproben tengünstig als gefährlich oder nicht gefährlich mit den bereits aus der Abwasseruntersuchung nach „H14“ eingestuft werden können. bekannten und standardisierten Biotestverfahren wie dem Algentest, dem Leuchtbakterien- 44 Signale 2013 © LUBW Ökotoxikologisch untersucht test, dem Daphnientest und dem umu-Test un- Um die Ökotoxizität von Abfällen zu testen, tersuchen zu können, wurden die Proben eignen sich am besten Testverfahren mit leben- vorher in Wasser überführt. Außerdem wurden mensch Myriophyllum im Biotest Vorbereitung zur Abfalluntersuchung zwei Testverfahren angewandt, mit denen die vorgeschlagenen ökotoxikologischen Testver- Signale Aus der Natur Abfälle direkt, also ohne die Schadstoffe in die fahren erfolgreich geprüft. Das Umweltbundes- • Ökotoxikologische Testverfah- wässerige Phase zu überführen, getestet wur- amt hat die geprüften Verfahren auch in seine ren mit Organismen können den: ein Verfahren mit Pflanzen und der so ge- Handlungsempfehlung zur ökotoxikologischen die Umweltgefährlichkeit von nannte Bakterienkontakttest. Insgesamt wur- Charakterisierung von Abfällen aufgenommen. Abfällen erfassen. den 24 Abfallarten aus verschiedenen industriellen Bereichen mit unterschiedlichen Bio- Limit-Testverfahren test-Verfahren untersucht. Die Ergebnisse der Mit dem so genannten Limit-Test können der Verfahren ermöglichen eine getesteten Abfallarten reichten von nicht Testumfang und damit die Analysekosten ver- kostengünstige und schnelle toxisch bis stark toxisch. ringert werden. Hierbei wird – im Gegensatz Bewertung von Abfällen. • Drei standardisierte Biotest- zur Standardtestdurchführung – die Probe Drei Biotest-Verfahren nicht stufenweise verdünnt und getestet, bis Im Ergebnis erwiesen sich der Algentest, der keine Toxizität mehr feststellbar. Es wird nur Test mit höheren Pflanzen und der Bakterien- die Verdünnungsstufe getestet, die die Berei- kontakttest als geeignete minimale Testkombi- che gefährlich und nicht gefährlich voneinan- nation, um die Gefährlichkeit der untersuchten der trennt. Reagiert diese Verdünnungsstufe Abfälle zu bestimmen. In einer europaweiten toxisch, wird der Abfall als gefährlich einge- Vergleichsstudie wurden die von der LUBW stuft. Toxizität von Abfallarten G- Wert WEITERE INFORMATIONEN G-Wert (Verdünnungsstufe) 100000 Abfallcharakterisierung http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de 10000 Algentest Daphnientest Leuchtbakterientest 1000 /servlet/is/56180/ Becker, R., Donnevert, G. & J. Römbke (2007): Biologische Testverfahren zur öko- 100 toxikologischen Charakterisierung von Abfällen. Abschlussbericht UFOPLAN 10 206 33 302, 112 S., Publikation des Umweltbundesamtes, Dessau-Roßlau. 7 0801 13*4 0801 13*8 0801 15*1 0801 15*12 0801 15*19 0801 16-3 0801 16-1 3 1010 08-6 1010 08-9 1101 09*2 1101 09*30 1110 11017 1101 10-2 8 1201 14*7 1201 14*14 1201 16*16 1201 17-2 1 1901 07-2 3 1901 12-2 2 1901 13-2 4 1908 13*18 1910 04-1 1 11-2 http://www.umweltdaten.de/ publikationen/fpdf-l/3415.pdf 0801 0605 03-2 6 1 Abfallschlüssel – Probennummern KONTAKT Dr. Jürgen Zipperle [email protected] Ergebnisse aus Toxizitätsuntersuchungen an Proben zu 24 Abfallarten (u. a. unter Verwendung des Algen-, Daphnien- und Leuchtbakterientests). G-Wert: Erste nicht toxische Verdünnungsstufe; Abfallschlüssel: s. Abfallcharakterisierung unter "Weitere Informationen" Dr. Karin Deventer [email protected] © LUBW Signale 2013 45 Nanogold ist purpurfarben Partikel von Nano-Zink-Oxid Kohlenstoff-Nano-Röhrchen Chancen und Risiken der Nanomaterialien Nanotechnologie ist eine expandierende neue Technologie. Neue Produkte und Anwendungen bergen große Chancen, aber auch mögliche Risiken für Umwelt und Verbraucher. Daher müssen Eintrag und Verbleib von Nanomaterialien in der Umwelt beobachtet werden. Einsatz von Nanomaterialien nopartikel werden in Hautcreme zur Förde- Der Begriff „Nanomaterialien“ bezeichnet rung der Wundheilung eingesetzt oder Nano- ultrafeine Teilchen im Größenbereich zwischen silber in Textilien zur Bekämpfung geruchs- Ein Nanopartikel ist im Ver- 1 und 100 Nanometer (nm) und damit jeweils bildender Bakterien. gleich zu einem Fußball genau- eine Größenordnung über dem der Atome Nanotechnologien werden auch gezielt zur so klein wie der Fußball im Ver- bzw. unter dem der Bakterien. Die Geometrie Umweltentlastung eingesetzt, zum Beispiel bei gleich zu unserer Erde. der Objekte ist vielfältig. Sie können beispiels- der Abwasserreinigung. In den Umweltmedien weise partikel- oder faserförmig sein. Stoffei- Wasser und Boden werden bereits Nanomem- genschaften können sich unterhalb bestimmter bran-Technologien mit selektiven Katalysato- Teilchengrößen ändern, was in der Nanotech- ren, Ionenaustauschern zur Filtration, zum sen- nologie ausgenutzt wird. So reflektieren Titan- sitiven Schadstoffnachweis und zur Schadstoff- dioxid-Nanopartikel beispielsweise UV-Strah- elimination eingesetzt. Ein Beispiel im Bereich lung und werden daher seit längerem in Grundwasser ist die Altlastensanierung durch Sonnenschutzcremes verwendet. Zinkoxid-Na- Anwendung nanoskaliger Eisen-Kolloide. Chancen Nanomaterial Eigenschaften Risiken Grundwassersanierung Eisen Reduktion Ökotoxizität Antimikrobielle Wirkung Ökotoxizität, Veränderung der Mikrofauna in Boden und Wasser Katalytische Aktivität, Reaktivität Bildung neuer evtl. toxischer Stoffe, Ökotoxizität Wasserentkeimung Abwasserklärung (organische Stoffe) Silber Zinkoxid, Titandioxid Chancen und Risiken von Nanomaterialien für die Umwelt 46 Signale 2013 © LUBW mensch Schmutz abweisende Wandfarben Nanotechnologie – Lotuseffekt Nanomaterialien in der Umwelt Beispiel auf das Herz einwirken oder sogar bis signale Aus der natur Über den Eintrag von Nanomaterialien in die ins Gehirn gelangen. In die Lunge gelangte • Die Nanotechnologie wird in Umwelt ist bislang noch wenig bekannt. Nanoobjekte können entzündliche Reaktionen Zukunft zahlreiche innovative Grundsätzlich können alle synthetischen auslösen und möglicherweise auch beim Men- Entwicklungen hervorbringen. Nanomaterialien in die Umwelt gelangen und schen zu schweren Erkrankungen führen. Für damit auch auf den Menschen oder andere Le- einige faser- und röhrenförmige Nanomateriali- • Mögliche Risiken für Umwelt bewesen einwirken. So gelangt Silber – zur Ge- en gibt es sogar Hinweise auf eine Tumor indi- und Gesundheit müssen er- ruchsvermeidung in Socken eingesetzt – übers zierende Wirkung. Über Wirkungen nach mög- kannt und minimiert werden. Waschen ins Abwasser und damit in Kläranla- licher Aufnahme über die Haut oder den gen. Bei der Herstellung und Verwendung von Magen-/Darmtrakt ist bislang wenig bekannt. • Altbekannte Stoffe sind erneut synthetischen Nanopartikeln oder -fasern kön- Schwierigkeiten bereiten die experimentelle zu prüfen, wenn sie in nano- nen diese in die Luft freigesetzt und direkt in- Applikation von Nanomaterialien und die skaliger Form vorliegen. haliert werden. Über den Luftweg sind Men- Überprüfung der Exposition. schen daher am wahrscheinlichsten am Arbeitsplatz von Nanopartikeln betroffen. Eine Risiken für die Umwelt Einschätzung der Exposition von Menschen In der Umwelt können vor allem Wasser- und oder des Eintrags in die Umwelt ist derzeit Boden-Organismen betroffen sein. Es liegen ei- nicht möglich, da für die Ermittlung der Kon- nige Untersuchungen mit verschiedenen Na- zentrationen von Nanomaterialien in der Luft noobjekten beispielsweise an Fischen, Boden- und anderen Umweltmedien routinemäßig ein- organismen und auch Nutzpflanzen vor, in setzbare Messverfahren noch fehlen. denen schädigende Wirkungen auf die Organismen gezeigt wurden. Aufgrund der mangel- Gesundheitsrisiken durch Nano- haften Kenntnisse zu den Umweltauswirkun- materialien gen von Nanomaterialien müssen diese in Eingeatmete Nanoobjekte durchdringen die Zukunft genau beobachtet werden. Eine Zu- Epithelschicht des Atemtraktes schnell und sammenstellung des wissenschaftlichen Sach- können dann weiter über die Lymphe in den standes zur Toxikologie und Ökotoxikologie Blutkreislauf vordringen. Sie können so ins von Nanomaterialien wurde von der LUBW Blut und in andere Organe gelangen und zum erarbeitet. WEITERE INFORMATIONEN Nanotechnologie und Umwelt http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56179/ LUBW (2010): Nanomaterialien Toxikologie/Ökotoxikologie. Nanoobjekt (ein bis drei Außenmaße im Nanomaßstab) http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/content/94912/U10S05-N10.pdf Nanopartikel (drei Außenmaße im Nanomaßstab) Nanofaser (zwei Außenmaße im Nanomaßstab) Nanoplättchen (ein Außenmaß im Nanomaßstab) KONTAKT Dr. Irene Tesseraux Nanodraht (elektrisch leitende Nanofaser) Nanoröhrchen (hohle Nanofaser) Nanostäbchen (starre Nanofaser) Nanotechnologische Begriffe und ihre hierarchische Zuordnung (nach ISO/TS 27687, 2008, LUBW 2010) [email protected] © LUBW Signale 2013 47 Geringes Verkehrsaufkommen – geringe Emissionen Emissionsschwerpunkt Ballungsgebiet Dicke Luft im Stadtverkehr Edelmetalle am Straßenrand Der Kfz-Abgaskatalysator reduziert schädliche Auspuffgase. Seit seiner Einführung in den 1980er Jahren lagern sich zunehmend die in den Katalysatoren enthaltenen Edelmetalle am Straßenrand ab. Mittels standardisierter Graskulturen lassen sich diese Immissionen darstellen. biologisches Messgerät Gras Entfernung von der Autobahn nehmen die Emissionen aus Auto-Katalysatoren führen seit Edelmetalle schnell ab. Bereits in zehn Metern Mitte der 1980er Jahre in der Nähe viel befah- Abstand zum Straßenbelag liegen die Werte rener Straßen zu einem starken Anstieg der nur noch bei 40 Prozent. In größerer Entfer- Auf zahlreiche Zwischen- Edelmetalle Platin (Pt), Palladium (Pd) und nung vom Straßenrand verschwindet der Un- schichten im Katalysator wer- Rhodium (Rh). Über ihre Aufnahme und Toxi- terschied zwischen Platin und Palladium, und den die zur chemischen Reak- zität in den Gliedern der Nahrungskette ist das Immissionsprofil flacht weiter ab, erreicht tion notwendigen Edelmetalle noch sehr wenig bekannt. Deshalb hat die aber bei 85 Metern Abstand noch nicht den Platin, Rhodium oder auch LUBW seit 1999 mit der standardisierten Gras- Hintergrundwert (Kontrolle). Gegen die Palladium aufgedampft. kultur ein „biologisches Messgerät“ an der Hauptwindrichtung (Luv) sind die Konzentra- Autobahn aufgestellt, um die Konzentrationen tionen um 47% kleiner als auf der Wind abge- dieser Edelmetalle zu erfassen. wandten Seite (Lee). An allen fünf Standorten herrschte mit etwa 80 000 Fahrzeugen pro Tag Palladium steigt schneller an ungefähr die gleiche Verkehrsdichte. Die Untersuchungen mit den standardisierten 48 Signale 2013 © LUBW Graskulturen ergaben, dass die Gehalte von Für den Menschen gefährlich? Platin (5 – 8 Nanogramm pro Gramm Trocken- In den bisher gemessenen Konzentrationen substanz) und Rhodium (1 ng/g TS) keinem beeinträchtigen die Edelmetalle nicht das ausgeprägten zeitlichen Trend folgen. Dagegen Wachstum und die Qualität der Graskulturen. steigen die Gehalte von Palladium seit 1999 Es ist davon auszugehen, dass auf Feldern in deutlich von 40 auf 120 Prozent des Platin- Straßennähe angebaute Getreidearten nicht da- Wertes an, was den Materialeinsatz bei der Ka- von geschädigt werden. Für den Menschen er- talysator-Produktion widerspiegelt. Mit der folgt die hauptsächliche Aufnahme der Edel- mensch Monitoring an der Autobahn Graskultur als “Biologisches Messinstrument” an metalle über Zahnfüllungen. Dentallegierun- einem Prozent löslichem Platin aus, so müssten signale Aus der natur gen enthalten bis zu 17 Prozent Platin. Aus der die gemessenen Konzentrationen 150mal grö- • Seit Einführung des Katalysa- Arbeitsmedizin ist eine allergische Reaktion ßer sein, um für Menschen gefährlich zu wer- tors werden Edelmetalle ent- der Atemwege durch lösliche Platinsalze be- den. Studien zeigen allerdings, dass mit lös lang viel befahrener Straßen in kannt. Diese so genannte Platinsalz-Allergie ist lichen Anteilen von bis zu 30 Prozent gerech- die Umwelt eingetragen. die empfindlichste Reaktion des Menschen auf net werden muss. Damit würde schon die fünf- Platin-Immissionen. Entscheidend ist hierbei fache Konzentration der Katalysator-Abriebe der Anteil von löslichem Platin am Gesamtge- an die Auslöseschwelle einer Platinsalz-Allergie Luft liegen noch deutlich unter halt des Platins. Die Form, in der Platin aus heranreichen. der Auslöseschwelle für Atem- dem Katalysator in die Umwelt eingetragen Mit der Elektronenstrahl-Mikroanalyse wurden wegs-Allergien. wird, ist nicht bekannt. aus der Autobahnluft gefilterte Schwebstaub partikel untersucht. Dabei konnten verschiede- • Die Konzentrationen in der • Die Palladium-Immissionen Nur geringe Mengen Platin am ne Elemente, aber kein Platin detektiert wer- steigen weiter an und müssen StraSSenrand den. Daher ist die Emission von Platin in Form deshalb beobachtet werden. Die Konzentrationen in der Luft an viel befah- von Partikeln mit Abmessungen größer als renen Straßen betragen durch Katalysator-Ab- zehn Nanometer unwahrscheinlich. Wahr- rieb bis zu 0,1 0,05 ng/m3 ng/m3 an Platin und bis zu an Palladium. Geht man dabei von scheinlicher ist eine Emission als Gas oder als reaktive Nanopartikel. Platingruppenelemente (PGE) an Graskulturen an der Autobahn 8 Pt 1999 Pt 2000 Pt 2004 Pt 2008 Pd 1999 Pd 2000 Pd 2004 Pd 2008 Rh 1999 Rh 2000 Rh 2004 Rh 2008 ng/g TS 6 4 2 WEITERE INFORMATIONEN Graskulturmonitoring http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de /servlet/is/56144/ LfU (2003): Anreicherung von Platingruppenelementen aus Kfz-Abgaskatalysatoren im straßennahen Ökosystem. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/91063/ ID Umweltbeobachtung U44-M633-N03 0 Lee 1,25 m Lee 3 m Lee 10 m Lee 20 m Lee 85 m Abstand vom Straßenrand Luv 85 m Kontrolle KONTAKT Dr. Theo von der Trenck Edelmetallgehalte an Graskulturen (Mittelwerte über 5 Standorte und 4 Expositionsperioden pro Jahr); TS = Trockensubstanz [email protected] © LUBW Signale 2013 49 LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg Postfach 10 01 63 · 76231 Karlsruhe · Internet: www.lubw.baden-wuerttemberg.de